Horst Seehofer ist jetzt Bayerns oberster Merkel-Fan

19.5.2017, 05:40 Uhr
Horst Seehofer und Angela Merkel: Bayerns Ministerpräsident will die Kanzlerin im Wahlkampf unterstützen.

© dpa/reuters / Montage: Moritz Bohner Horst Seehofer und Angela Merkel: Bayerns Ministerpräsident will die Kanzlerin im Wahlkampf unterstützen.

Horst Seehofer rechnet sich den Erfolg der Union bei drei Landtagswahlen auch selbst an. Jetzt zeige sich, sagte der CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident im Gespräch mit den NN, wie richtig "die Strategie ist, die ich Anfang des Jahres festgelegt habe".

Bundeskanzlerin Angela Merkel konzentriere sich "wieder auf den Mitte-rechts-Korridor. Die CDU hat den richtigen Kurs gefunden. Und die CSU ist der Garant, dass es so bleibt." Gleichzeitig warnte er jene Kritiker in der CSU, die seinen Pro-Merkel-Kurs abgelehnt hatten. "Wenn ich den Skeptikern gefolgt wäre", sagte er, "stünden wir jetzt total im Abseits. Das kann nicht Aufgabe eines Parteivorsitzenden sein."

Auch deshalb sehe er die drei Wahlen, die mit Niederlagen für die SPD geendet waren, "als Bestätigung meiner Strategie". Seehofer sieht keinen Grund, warum er die Pro-Merkel-Initiative des früheren CSU-Chefs Theo Waigel aktiv unterstützen sollte. "Ich marschiere hier meilenweit voraus", sagte er. Am Freitag und Samstag will die CSU-Spitze im oberpfälzischen Schwarzenfeld die Themen eingrenzen, mit denen die Partei in die kommende Bundestags- und die Landtagswahl in einem Jahr ziehen wird.

"So schwer ist Politik nicht"

Er gehe davon aus, dass es sich um "fünf, vielleicht sogar mehr Felder" handeln werde, sagte Seehofer. Neben der inneren Sicherheit seien dies zum Beispiel die soziale Sicherheit, die wirtschaftliche Entwicklung und die Bildungspolitik. Am Wochenende werde er darüber auch mit Angela Merkel in Berlin reden, mit offenem Ergebnis. Dies werde aber "nicht konfliktorientiert" geschehen. Seehofer betonte im Interview zugleich, er wolle in der Diskussion um einen dritten Nationalpark im Freistaat eine Lösung mit den Anwohnern finden. Bis zum Sommer soll geklärt sein, ob der Spessart im Rennen bleibt. Neu hinzugekommen ist seit Donnerstag der Frankenwald als vierter Kandidat neben Rhön und Donauauen.

"Am Ende wird es wie immer kommen, dass wir eine vernünftige Lösung finden." Das sei Alltagsgeschäft. "So schwer ist Politik nicht", sagte der bayerische Ministerpräsident. Seehofer erklärte erneut, dass er Bayerns Innenminister Joachim Herrmann ab Herbst im Bundeskabinett sehen wolle, so die Union die Regierung bilden sollte. Er habe aber keine Zusage von Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Darüber haben wir nie geredet", sagte er.

Merkel schätze den Erlanger CSU-Politiker. "Alles andere ist momentan kein Thema." Seine Entscheidung für Joachim Herrmann sei deshalb auch keine Kritik an Amtsinhaber Thomas de Maizière. "Wir kämpfen für die innere Sicherheit als Markenzeichen der CSU und nicht gegen jemanden", sagte Seehofer.

Seehofers Kernaussagen aus dem Interview:

Es gab in der CSU immer wieder den Vorwurf, die Kanzlerin verhalte sich falsch, müsse offensiver sein und könne Martin Schulz nicht das Feld überlassen. Offensichtlich hat sie es aber doch richtig gemacht.

Seehofer: Ich habe immer gesagt, Angela Merkel soll so bleiben, wie sie ist. Es hat sich aber schon etwas geändert. Die Kanzlerin hat sich wieder sehr auf das bürgerliche Milieu, die bürgerlichen Wähler konzentriert, auch auf die konservativen Wähler. Ich habe Anfang des Jahres dafür geworben, dass wir die Kanzlerin unterstützen, dass wir mit der CDU und nicht neben der CDU oder gar gegen die CDU Wahlkampf machen. Das ist in meiner Partei anfangs umstritten gewesen. Aber es hat sich als richtig herausgestellt. Es wäre ein katastrophaler Fehler gewesen, wenn wir es anders gemacht hätten.

Die Skeptiker saßen und sitzen auch in der Landtagsfraktion.

Seehofer: Ich bin dort in der Tat anfangs für meine Aussage pro Kanzlerin ziemlich gegrillt worden. Unter anderem mit der Frage, ob ich einen Plan B habe, falls Angela Merkel scheitert. Manchmal muss man in der Politik Entscheidungen treffen ohne die Gewissheit, dass es dann auch so kommen wird, wie man es sich zum Zeitpunkt der Entscheidung vorgestellt hat. Das verstehe ich unter Führung. Joachim Herrmann hat in der Fraktion die einzig richtige Frage gestellt. Er wollte wissen, ob denn irgendjemand im Saal ernsthaft glaube, dass wir ohne Merkel besser dastünden. Auch deshalb ist er jetzt unser Spitzenkandidat.

Was war daran so richtig?

Seehofer: Es stellt sich jetzt genau das ein, womit man prospektiv hatte rechnen können. Angela Merkel ist in dieser unruhigen Welt aus Sicht der Bevölkerung ein Ruhepol, eine Autorität, ein Stabilitätsfaktor. Das wird sich im Sommer noch verstärken. Die Welt ist, vorsichtig formuliert, wirklich in Unordnung. Überall in der Welt gibt es Krisenherde. Angela Merkel wird auf der ganzen Welt als herausragende Führungspersönlichkeit respektiert. Die Menschen schätzen das sehr hoch ein. Wir als CSU werden darauf achten, dass von der Politik auch konservative Wähler angesprochen werden. Ich bin am Sonntag bei der Kanzlerin, mit Joachim Herrmann und anderen Spitzenleuten meiner Partei. Wir werden eine Politik vertreten, mit der sich auch das demokratische Spektrum rechts von der Mitte bei uns wiederfindet. So haben wir die drei jüngsten Landtagswahlen gewonnen.

Kehren wir nach Bayern zurück. Wachstum ist Ihnen für Bayern wichtig, das betonen Sie immer wieder. Nun wollen die Menschen im südthüringischen Sonneberg nach Franken wechseln. Wäre Ihnen diese Form des Wachstums auch willkommen?

Seehofer: Herzlich willkommen. Aber entscheiden muss das Volk.

Wie erklären Sie sich, dass nur ein Drittel der Bevölkerung Ihre Entscheidung zum Weitermachen für richtig hält?

Seehofer: Ihr lest die Umfrage falsch. Die objektiven Fakten sind: Ein Drittel hält meine Entscheidung für ganz richtig, mehr als ein Viertel für teils richtig. Darunter sind viele, die beispielsweise der Meinung sind, es wäre noch besser, wenn ich nach Berlin ginge. Es sind jedenfalls unzweifelhaft keine Stimmen gegen mich. Und damit lege ich bei 60 Prozent Zustimmung. Darüber kann ich mich nicht beschweren. Angela Merkel hat mir vor vielen Wochen einmal gesagt, die größte Herausforderung sei der Bevölkerung deutlich zu machen, aus welchen Gründen es sich lohnt, sie noch einmal zu wählen. Das ist nachvollziehbar nach zwölf Jahren im Amt. Wenn ich mich zur Wiederwahl stelle, bin ich zehn Jahre Ministerpräsident. Im Herbst kommt es also ganz entscheidend darauf an, welche Zukunftsvision wir den Menschen vermitteln können und mit welchem Zukunftsprogramm wir das Land in den nächsten Jahren regieren wollen. Wenn uns das nicht gelingt, ist es mit der Regierungsfähigkeit schnell vorbei. Aber wir sind in der Vorbereitung dieses Programms schon gut unterwegs.


Das komplette Interview lesen Sie in der Freitagsausgabe der Nürnberger Nachrichten.


 

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