Kirchenasyl: Gut gemeint - aber jenseits des Rechts

28.4.2017, 15:08 Uhr
Flüchtlinge hängen im Dom St. Peter in Regensburg ein Transparent mit der Aufschrift "Menschen statt Grenzen schützen" auf: Kirchenasyl bleibt politisch hoch umstritten.

© Armin Weigel Flüchtlinge hängen im Dom St. Peter in Regensburg ein Transparent mit der Aufschrift "Menschen statt Grenzen schützen" auf: Kirchenasyl bleibt politisch hoch umstritten.

"Wenn trotz Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten die Abschiebung eines Flüchtlings bevorsteht, die diesen möglicherweise der Gefahr für Leib und Leben aussetzt, fordert unser Glaube von uns, diesem Menschen beizustehen." So heißt es im Vorwort einer Handreichung der evangelischen Landeskirchen im Rheinland und in Westfalen. Man muss nicht einmal gläubig sein, um dieser Rechtfertigung des Kirchenasyls zuzustimmen.

Allerdings hat dieser Satz wenig zu tun mit der gegenwärtigen Praxis des Kirchenasyls in Deutschland. Von den 692 Flüchtlingen, die im vergangenen Jahr nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche Schutz fanden, waren 632 sogenannte Dublin-Fälle. Das heißt, ihnen drohte die Abschiebung in ein anderes europäisches Land. Aber keineswegs - und anders als die Kirchen suggerieren - an einen Ort, an dem "Gefahr für Leib und Leben" droht.

Zumal für die Sorge, anderswo in Europa einen Asylantrag stellen zu müssen, ohnehin nur wenig Grund besteht. Deutschland hat sich längst davon verabschiedet, das Dublin-Verfahren konsequent umzusetzen, wie die angesichts der großen Flüchtlingsströme geringen Überstellungszahlen zeigen.

Kirchenasyl hat jede Berechtigung, wenn Flüchtlinge von dem Staat, in dem sie Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen, keine Hilfe erwarten können. Dies ist in Deutschland aber nicht der Fall. Mag die Kritik an den Turbo-Asylverfahren am Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch berechtigt sein - einem jeden Flüchtling steht der Rechtsweg offen. Dass dies keine bloß theoretische Möglichkeit ist, zeigt die hohe Zahl der Einsprüche gegen Asylbescheide.

Solange die Kirchen dies aus gut gemeinten Motiven ignorieren, stellen sie sich über den Staat und über das Recht. In einer funktionierenden Demokratie wie Deutschland gibt es dafür keine Rechtfertigung.

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