Kirchentag: Wo sich Politik und Religion nicht vereinen lassen

25.5.2017, 15:05 Uhr
Es ging harmonisch zu auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin. Doch mit seinem Anliegen beim Thema Abschiebungen blitzte der EKD-Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm bei Kanzlerin Angela Merkel ab.

© dpa Es ging harmonisch zu auf dem Evangelischen Kirchentag in Berlin. Doch mit seinem Anliegen beim Thema Abschiebungen blitzte der EKD-Vorsitzende Heinrich Bedford-Strohm bei Kanzlerin Angela Merkel ab.

Es war gewiss ein PR-Coup, den EKD-Ratschef Bedford-Strohm da landete: Barack Obama als Gast des Kirchentags, das sorgt für Aufsehen und Interesse. Dazu noch die Kanzlerin, deren Teilnahme der Ex-US-Präsident zur Bedingung für sein Kommen gemacht hatte – Polit-Prominenz vom Feinsten. Was übrigens bei den Protestanten durchaus auch kritische Stimmen auslöste: Intern gab es Kritik daran, dass der Kirchentag eine Art Wahlkampfbühne für Angela Merkel werden könnte.

Was dann allerdings nicht der Fall war: Zu sehr klafften da die frommen Wünsche, die Bedford-Strohm an die Politiker herantrug, und deren realpolitische Sicht auf die Weltlage auseinander. Wobei sich zeigte, was gelegentlich durch zu viel Nähe gerade zwischen der evangelischen Kirche und dem Staat kaschiert wird: Beide Akteure haben sehr unterschiedliche Rollen – und es ist eigentlich gut, wenn die Kirchen sehr kritisch auf das schauen, was Politik tut.

Bedford-Strohm erntete sehr viel verständlichen Applaus für seine fast schon flehentliche Bitte an die Kanzlerin, doch dafür zu sorgen, dass diejenigen Asylbewerber im Lande bleiben dürften, die hier schon gut integriert sind – Afghanen etwa mit Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, deren deutsche Chefs sie dringend bräuchten, denen aber die Abschiebung droht. Doch da ließ Merkel den EKD-Ratschef ziemlich klar abblitzen. 

Ähnlich lief die Debatte ab, als einer der jungen Gäste den früheren US-Präsidenten wegen der Drohnen-Attacken in seiner Amtszeit kritisierte: Sehr lange antwortete Obama – aber er verteidigte diese umstrittene Art der Kriegsführung letztlich doch sehr entschieden. 

Da zeigte sich: Selbst wenn Christen wie Merkel oder Obama Politik betreiben – sie tun sich sehr schwer, christliche Maßstäbe an diese Politik anzulegen. Denn, darauf wies Obama zu Recht hin: Christen haben, wie Vertreter anderer Religionen auch, oft sehr radikale, eindeutige, kompromisslose Lösungsansätze. Politik aber muss Kompromisse schließen. Und die sehen wohl zwangsläufig in aller Regel anders, nämlich meistens nüchterner, teils auch hässlicher aus als fromme Wünsche an die Politik.

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