Kommentar: Betrug beim Kindergeld ist ein Ärgernis

9.8.2018, 16:37 Uhr
Die Zahl der Kindergeld-Empfänger im Ausland ist stark gestiegen. Deutsche Bürgermeister vermuten kriminelle Energien dahinter.

© Sebastian Kahnert/dpa Die Zahl der Kindergeld-Empfänger im Ausland ist stark gestiegen. Deutsche Bürgermeister vermuten kriminelle Energien dahinter.

Die einen nutzen die gute Gelegenheit, gleich mal wieder pauschal darüber zu wettern, dass uns "die Ausländer" das Geld davon tragen. Die anderen schreien sofort wegen Rassismusverdachts auf, wenn ein betroffener Oberbürgermeister bestimmte Problemgruppen - im konkreten Fall Sinti und Roma - beim Namen nennt. Beides ist Unfug und bringt uns bei der Lösung der Frage nicht im geringsten weiter. Was muss geschehen? Ein Lösungsvorschlag in vier Schritten.

Erstens: Wenn bei einer Stichprobe herauskommt, dass es in 40 von 100 Fällen bei der Kindergeldzahlung nicht korrekt zuging, weckt das einen schlimmen Verdacht. Der Staat lässt sich offensichtlich zu oft von Antragstellern hereinlegen. Schon lange wird versprochen, dass der Datenabgleich zwischen den Behörden verbessert werden soll. Das muss jetzt endlich mal geschehen. Ebenso sollte eine bundesweite Statistik dazu eingeführt werden, die uns die Dimensionen des Problems verdeutlicht.

Zweitens: Dort, wo EU-Bürger offenkundig ausschließlich zu dem Zweck nach Deutschland gebracht werden, um Sozialleistungen für echte oder erfundene Kinder zu kassieren, müssen die Kontrollen massiv verstärkt und gegebenenfalls Zahlungen verweigert werden. Die Oberbürgermeister und der Städtetag sagen ja, dass es sich um bestimmte Gegenden handelt, in denen das besonders häufig vorkommt. Deswegen dürfte es ja nicht so schwer sein, mit einer Task Force den Vorwürfen nachzugehen. So etwas spricht sich übrigens auch herum.

Drittens: Ein ähnliches Trauerspiel ist es, dass es Deutschland bisher nicht geschafft hat, die Höhe des Kindergeldes an die im Ausland geltenden Lebenshaltungskosten anzupassen. Wenn das Durchschnittseinkommen in Rumänien 715 Euro brutto im Monat beträgt, dann wecken 194 Euro im Monat für das erste Kind schlicht zu viele Begehrlichkeiten. Abgesehen davon ist es auch gar nicht nötig, so viel Geld zur Verfügung zu haben, um Kinder in diesen Ländern groß ziehen zu können. Die Bundesregierung muss sich gegenüber der EU-Kommission durchsetzen, die bisher keine unterschiedlichen Kindergeldsätze akzeptiert. 

Viertens: Was dann an restlichen Fällen übrig bleibt - nach Eindämmung von Betrug und gewerbsmäßiger Einschleusung von Antragstellern sowie nach Senkung des monatlichen Satzes -, das müssen wir allerdings akzeptieren. Denn das ist eben schlichtweg Bestandteil der europäischen Freizügigkeit, von der die Bundesrepublik in anderer Hinsicht durchaus profitiert.

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