Kommentar: Das Krippen-Dilemma der Eltern

27.7.2017, 11:00 Uhr
Experten befürchten, dass Kinder in Krippen — hier beim Waschen nach einer Malstunde — derzeit zu wenig Bindung erleben.

© dpa Experten befürchten, dass Kinder in Krippen — hier beim Waschen nach einer Malstunde — derzeit zu wenig Bindung erleben.

Seit Jahren sind Eltern in Deutschland in einem Dilemma. Viele suchen händeringend nach einem Krippenplatz für ihre Kleinsten. Möglichst nah am Wohnort, mit möglichst langen Öffnungszeiten, sonst können sie den Berufseinstieg nach der Elternzeit ja gleich wieder auf Eis legen. Natürlich haben sie es leichter als die Elterngenerationen vor ihnen; in den vergangenen Jahren wurden hierzulande Kitas aus dem Boden gestampft wie anderswo Hotelburgen. Der Rechtsanspruch, der ja völlig richtig ist, wirkt.

Aber das schnelle Wachstum hat eine Schattenseite. Das Motto war: Hauptsache, die schönen neuen Einrichtungen stehen und die Plätze sind da. Die Qualität kann später nachwachsen. Noch immer fehlen Erzieherinnen und Erzieher. Die Fluktuation ist teilweise hoch, weil sie sich ihre Jobs herauspicken können - und gehen, wenn es ihnen nicht gefällt. Für Unter-Drei-Jährige soll der Personalschlüssel, so sagen es Experten, bei eins zu drei liegen. Aber davon sind viele Krippen ziemlich weit entfernt.

Das ist deswegen dramatisch, weil überfordertes, genervtes Personal, das vielleicht nebenbei noch die Küche putzen muss, nicht auf die einzelnen Kinder eingehen kann. Dabei ist die Zeit ja glücklicherweise vorbei, in der es reichte, wenn die Kleinen satt und trocken waren. Eine hohe Betreuungsqualität schließt einen liebevollen Umgang und eine gute Förderung mit ein.

Verdrängen aus Verzweiflung

Verzweifelte Eltern auf der Suche nach einem Betreuungsplatz verdrängen das alles schon mal, machen Kompromisse, weil sie heilfroh sind, überhaupt einen Krippenplatz zu bekommen. In vielen Städten fehlen nämlich - trotz Ausbau - immer noch Plätze, weil die Nachfrage schneller wächst als das Angebot. Das darf nicht sein - denn am Ende geht es auf Kosten der Kinder. Ganz abgesehen davon, dass Mütter und Väter es satt haben, ständig als Bittsteller auftreten zu müssen - zu recht.

Es ist Aufgabe des Staates, für ausreichende bezahlbare Betreuungsmöglichkeiten zu sorgen, und zwar für alle, die sie brauchen. So steht es seit  2013 im Gesetz.

Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Kleinsten in der Gesellschaft so gut betreut werden, dass sich ihre Eltern nicht jeden Tag Vorwürfe machen müssen, wenn sie sich an der Tür von ihnen verabschieden.

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