Kommentar: Demokraten machen Trump das Leben schwer

7.11.2018, 07:51 Uhr
Kommentar: Demokraten machen Trump das Leben schwer

© Evan Vucci/AP/dpa

Wie erwartet steuern sie auf die Übernahme der Mehrheit im Repräsentantenhaus zu,  während der Senat weiterhin von den Konservativen beherrscht wird. Es ist ein Sieg für die Opposition, wenn auch kein berauschender. In jedem Fall ist es ein Sieg mit praktischen Folgen.

Im Abgeordnetenhaus kann fortan kein Gesetz mehr verabschiedet werden, dem die demokratische Majorität nicht ihren Segen gibt. In den Ausschüssen der Kammer werden ausnahmslos Demokraten den Vorsitz übernehmen, was bedeutet, dass sie Untersuchungen einleiten, die den Präsidenten womöglich in Verlegenheit bringen. Theoretisch können sie die Herausgabe seiner bislang unter Verschluss gehaltenen Steuererklärungen erzwingen. Sie können Konflikte zwischen Geschäftsinteressen und politischem Amt ebenso unter die Lupe nehmen wie etwaige Finanztricks des einstigen Immobilienmoguls. Sie können Zeugen zwangsvorladen, statt wie bisher zu Bittstellern degradiert zu sein. In einem Satz: Indem die Demokraten die Kontrolle über das Repräsentantenhaus übernehmen, hat es Trump fortan mit einer Opposition mit Zähnen zu tun.

Die "checks and balances" funktionieren, die Angst vor einem Abrutschen in autokratische Verhältnisse erweist sich als unbegründet. Im Grunde ist nicht mehr passiert, als dass die  amerikanische Demokratie zur Normalität zurückgekehrt ist. Zur Teilung der Macht, bei der eine der beiden großen Parteien die Regierung stellt, während die andere in der Legislative so stark ist, dass sie ihr hier und da einen Strich durch die Rechnung machen kann. Nancy Pelosi, ab Januar voraussichtlich, wie schon bis 2011, Speaker der Abgeordnetenkammer, sah darin Grund genug, in der Wahlnacht halb triumphierend, halb erleichtert von einem neuen Tag in Amerika zu schwärmen.

Ausschlaggebend war offenbar das Aufbegehren der Frauen der Mittelschicht gegen einen Präsidenten, für den sie sich schämen – wegen seiner Sprache, seiner Lügen, seiner Verharmlosung sexueller Übergriffe. In Suburbia, im prosperierenden Vorortmilieu um die Großstädte, verpassten sie Trump einen Denkzettel, indem sie sich trotz guter Wirtschaftslage von den Republikanern abwandten. Ob in New York, New Jersey, Pennsylvania, Virginia, Texas oder Kalifornien: In Suburbia sammelten die Demokraten genügend Mandate ein, um die Mehrheitsverhältnisse zu kippen.

Anders das Bild im Senat. Die Wahlgeografie sah die Republikaner zwar von vornherein im Vorteil, denn von den 35 neu zu besetzenden Sitzen hatten die Demokraten 26 zu verteidigen, und zehn davon in Staaten, in denen Trump 2016 gewann, teils mit großem Vorsprung. Dann aber lief es noch besser für sie, als sie erwartet hatten. In "Trump Country" zogen demokratische Amtsinhaber klar den Kürzeren: Joe Donnelly verlor in Indiana, Claire McCaskill in Missouri, Heidi Heitkamp in North Dakota. In Florida scheidet der Demokrat Bill Nelson aus der Senatskammer aus. In Tennessee sah der einstige Gouverneur Phil Bredesen keinen Stich gegen Marsha Blackburn, eine der frühesten und treuesten Anhängerinnen Trumps. Die Nähe zum Präsidenten hat ihr in keiner Weise geschadet. Die Stimmungslage ist differenziert, auch geografisch.

Herber Dämpfer

Die fast schon historischen Paukenschläge, wie sie die Optimistischsten unter den Blauen erhofft hatten, sind ausgeblieben. In Georgia wird Stacey Abrams wohl nicht als erste schwarze Frau der US-Geschichte in eine Gouverneursvilla einziehen. In Texas ist es Beto O’Rourke, der neuen Lichtfigur der Partei, nicht gelungen, den Republikaner Ted Cruz aus dem Senat zu verdrängen. Es wäre das erste Mal seit dreißig Jahren gewesen, dass die Texaner einen Demokraten in den Senat geschickt hätten. Auch wenn es knapper ausging, als die meisten Meinungsforscher prophezeiten hatten, Wunder konnte auch O’Rourke nicht vollbringen.

Alles in allem: Die Bilanz ist gemischt. Ein Dämpfer für Trump ist es ganz sicher, eine schallende Ohrfeige allerdings nicht.

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