Kommentar: Die AfD muss zu Auschwitz Stellung nehmen

20.8.2018, 13:25 Uhr
Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, legt sich mit der AfD an.

© Peter Kneffel(dpa Josef Schuster, der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, legt sich mit der AfD an.

Es muss noch einmal gesagt werden, leider. Denn AfD-Politiker wie der Thüringer Rechtsaußen Björn Höcke haben es entweder verdrängt oder bis heute nicht intellektuell verstanden.

Auschwitz, das Konzentrationslager Auschwitz, ist das Symbol für den absoluten Tiefpunkt der deutschen Geschichte. Es steht für den industriell organisierten Massenmord an Juden während der NS-Diktatur. Deutschland ist tief gefallen in diesen zwölf Jahren, tiefer geht es nicht. Es war das Land von Schriftstellern wie Friederich Schiller oder Johann Wolfgang von Goethe, von Denkern wie Ludwig Feuerbach oder Karl Marx. Zwischen 1933 und 1945 wurde es von einer Mörderbande regiert, mit vielen willigen Helfern und noch mehr Unbeteiligten, die einfach zuguckten. Nur die allerwenigsten wagten es, sich auf die Grundsätze der Menschlichkeit zu besinnen und Widerstand zu leisten. Dass das Volk der Dichter und Denker zu einem der Richter und Henker wurde, ist ein gängiges Wort - und doch bleibt einem der Satz wegen des damit verbundenen Grauens des Holocausts schier im Halse stecken.

Deshalb gehört es zum Pflichtprogramm deutscher Politiker, die Reste des Konzentrationslager Auschwitz zu besuchen, in dem über eine Million Menschen, meist Juden, umgebracht wurden. Und ganz besonders für einen Außenminister wie Heiko Maas, der, wie er selbst sagt, wegen Auschwitz in die Politik gegangen ist.

Das ist eine gute Gelegenheit, jene zu stellen, die diesen Teil der deutschen Geschichte relativieren wollen. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, nutzt diese Gelegenheit klug und legt sich mit der AfD an. Die hat ihren Rechtsaußen Björn Höcke, einen geschichtsvergessenen Ex-Geschichtslehrer, der von einem "Mahnmal der Schande" sprach und damit das Holocaust-Denkmal in Berlin meinte. Nein, er prangerte damit nicht etwa den Tiefpunkt der deutschen Geschichte an, sondern die "dämliche Bewältigungspolitik" und forderte eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad".

Geschichte als immerwährende Mahnung

Ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn scheiterte, schlimmer noch: Josef Schuster hat völlig recht mit seiner Auffassung, dass sich niemand aus der AfD-Spitze von ihm konsequent distanzierte. Zeit war genug, denn die Rede datiert auf den Januar 2017. Ausnahme war Frauke Petry, aber die hat die AfD längst verlassen. Parteitaktik, das Buhlen um Wählerstimmen vom äußersten rechten Rand, kommt hier weit vor historischer Verantwortung. Das darf man keiner Partei durchgehen lassen - die AfD muss endlich Stellung nehmen, und zwar klar und ohne Hintertüren.

Josef Schuster hat sich bei dieser Gelegenheit auch gleich der polnischen Regierung angenommen, Rechtspopulisten wie die AfD: Die wollten in einem Holocaust-Gesetz ursprünglich mit Geld- oder Haftstrafen belegen, wer entsprecdend der geschichtlichen Wahrheit behauptete, auch Polen seien am - selbstverständlich von Deutschen geplanten und verantworteten - Massenmord beteiligt gewesen. Die Strafen sind aus dem Gesetz verschwunden, die Paragrafen sind geblieben und damit die üble Verzerrung von Tatsachen.

Die Erinnerung an diesen Teil der Geschichte - ganz besonders in Deutschland, aber auch in Polen - ist weit mehr als ein Ritual. Nur, wenn sie wach gehalten wird, kann sie zur immerwährenden Mahnung werden. Und das ist das Mindeste, mit dem die Massen von Opfern heute und für alle Zukunft geehrt werden können.

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