Kommentar: "KI ist dann eine Chance, wenn sie gestaltet wird"

17.3.2019, 18:54 Uhr
Beim Thema Künstliche Intelligenz ist mutige Politik mehr denn je gefordert, sagt NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz.

© dpa/Ole Spata Beim Thema Künstliche Intelligenz ist mutige Politik mehr denn je gefordert, sagt NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz.

Dieser Text ist NICHT von einem Schreibroboter gefertigt worden. Und es hat auch kein Algorithmus erkundet, was Sie, liebe Leserinnen und Leser, am liebsten lesen möchten, um Ihnen das dann auch zu liefern.

Möglich wäre beides in Zeiten jener Künstlichen Intelligenz, die wir Ihnen in unserer Serie zur KI vorgestellt haben. Aber die KI selbst steht erst an ihren Anfängen. Sie wird unser Leben prägen und verändern. Und: Sie lässt sich nicht aufhalten. Ebenso wenig wie die Digitalisierung – nichts anderes als deren konkrete, greifbare Folge ist die Künstliche Intelligenz.

Die KI bietet enorme Chancen, das zeigten wir in unserer Serie. Gerade in der Medizin kann sie gewaltige Fortschritte bringen. In etlichen Berufen schafft sie Entlastung und Freiräume. Für andere könnte sie allerdings existenzbedrohend werden.

Offene Fragen

Und: Es gibt jede Menge offene Fragen. Und noch mehr Regelungsbedarf. Denn wir begeben uns nicht nur auf technisches, sondern auch auf rechtliches und ethisches Neuland, das es zu vermessen und zu gestalten gibt. Von einer Politik, die sich des Mega-Themas Digitalisierung endlich mit Ernst und Mut annehmen muss.

Ein Beispiel: Als die ersten Autos auf den Straßen tuckerten, gab es noch keine Ampeln und auch keine Straßenverkehrsordnung; es entstand ein Regelwerk, das die Verkehrsströme lenkte. Nun braucht es Leitplanken für die Veränderungen, die Digitalisierung und KI auslösen. Welche wollen wir? Welche nicht? Was kommt auf Beschäftigte zu?


Steuern wir mit Robotern auf eine Klon-Gesellschaft zu?


Die aus Nürnberg stammende Autorin Lisa Herzog schreibt in ihrem neuen Buch "Die Rettung der Arbeit", worauf es ankommt: "Demokratische Politik muss die Macht haben, den Rahmen für das Wirtschaftsleben zu setzen, anstatt sich von Wirtschaftsinteressen bloß treiben zu lassen. Keinesfalls darf die Verantwortung der Politik, den Rahmen der Märkte zu gestalten, mit dem Verweis auf die angebliche Macht der internationalen Konzerne aufgegeben werden. Denn damit tritt man in die Falle: pessimistische Prophezeiungen werden selbsterfüllend, wenn die Politik starr vor Angst der Dinge harrt, die da kommen sollen, anstatt im Sinne des Gemeinwohls zu gestalten – wo nötig, auch gegen Profitinteressen."

Wem nützt die Digitalisierung samt der KI, wer profitiert von ihr? Bisher ist das sehr ungleich verteilt – mit einer gesellschaftlich brisanten Folge, die der britische Ökonom Paul Collier so beschreibt: Der Kapitalismus "löst sein wichtigstes Versprechen – einen ständig steigenden Lebensstandard für alle – immer weniger ein".

Wankende Demokratie

Das können soziale Marktwirtschaften nicht hinnehmen, weil es sie sonst zerreißt. Die wachsende Polarisierung zeigt dies; es ist brandgefährlich für Demokratien. Daher können deren wankende Volksparteien sich selbst am besten dadurch stabilisieren oder retten, dass sie Ordnung in die neu entstehende digitale Welt bringen und für eine gerechtere Verteilung der dort entstehenden Wohlstandsgewinne sorgen.

Ein paar Stichworte: Digital- und Maschinensteuer, die Frage nach der Zukunftsfähigkeit von sozialen Sicherungssystemen, die zu eng an den (schwindenden) Faktor menschliche Arbeit geknüpft sind, die Frage nach der notwendigen lebenslangen Bildung in Zeiten exponentiellen Wissens-Wachstums: Da muss die Politik ran. Dann ist KI weniger ein Risiko, sondern eine Chance.

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