Kreuze in Behörden: Mehrheit der Deutschen ist dagegen

29.4.2018, 19:23 Uhr
Im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei brachte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sogleich ein Kruzifix an der Wand an.

© Peter Kneffel/dpa Im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei brachte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder sogleich ein Kruzifix an der Wand an.

Im Streit um Kreuze in bayerischen Landesbehörden hagelt es Kritik am Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). Politiker mehrerer Parteien wandten sich am Wochenende vehement gegen das Vorhaben. Auch aus der Kirche kamen kritische Worte - und eine bundesweite Umfrage zeigt, dass die Menschen mehrheitlich gegen die Idee verpflichtender Kreuze in Behörden sind.

Fast zwei Drittel der Bundesbürger (64 Prozent) lehnen die Idee ab, dafür sind lediglich 29 Prozent, wie eine repräsentative Befragung des Meinungsforschungsinstituts Emnid für die Bild am Sonntag ergab. 7 Prozent waren sich unsicher oder machten keine Angabe. Auch unter Katholiken und Protestanten ist die Ablehnung groß - bei Katholiken sind es 48 Prozent, bei Protestanten sogar 62 Prozent.

Profanisierung eines christlichen Symbols

Befragte anderer Konfessionen und Konfessionslose lehnen Kreuze in staatlichen Behörden mit noch viel größerer Mehrheit ab - 87 Prozent der Befragten waren dagegen, nur 12 Prozent stimmten zu. Auf Initiative Söders hatte das bayerische Kabinett am vergangenen Dienstag beschlossen, dass in allen Behördengebäuden unter der Verwaltung des Freistaats im Eingang ein Kreuz angebracht werden soll. Für ihn sei das Kreuz "in erster Linie ein religiöses Symbol", es gehöre "aber auch zu den Grundfesten des Staates", sagte Söder in der ARD. Es habe eine "identitätsstiftende, prägende Wirkung für unsere Gesellschaft".

Der politische Streit darüber ging auch am Wochenende weiter. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warf Söder eine "Profanisierung" des christlichen Symbols vor. Söder habe das Kreuz zu einem Symbol der Kultur des Staates erklärt und damit von seiner christlichen Bedeutung getrennt, sagte Lindner der Passauer Neuen Presse. "Gläubige Christen muss es empören, dass er aus ihrem Symbol ein Symbol des Staates macht." Zuvor gab es bereits Gegenstimmen aus Nürnberg und Regensburg.

Kreuz für Wahlkampf missbraucht

Der ehemalige Bundestagspräsident und SPD-Politiker Wolfgang Thierse sagte am Samstag im RBB-Inforadio, das Kreuz als zentrales Symbol des christlichen Glaubens dürfe nicht Gegenstand staatlicher Verordnung werden. Er verstehe zwar, dass Söder das Kreuz als Zeichen der Identität sehen wolle. Dies rechtfertige aber nicht, es in den Zusammenhang eines Wahlkampfes zu rücken. "Der Staat des Grundgesetzes ist weltanschaulich religiös neutral, das heißt, er ist offen für alle Bekenntnisse", sagte Thierse, der auch Mitglied im Zentralkomitee der Deutschen Katholiken ist.

Die Vizepräsidentin des Bundestages, Claudia Roth (Grüne), reagierte mit scharfer Kritik. Söder instrumentalisiere nicht nur eine Religion, sondern grenze auch Millionen Menschen aus -"Muslime, Atheisten, Juden", sagte Roth den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Der bayerische Ministerpräsident missbrauche das Kreuz für seinen Wahlkampf und vermische bewusst Religion und Politik. "Das finde ich in hohem Maße unchristlich, unanständig sowieso", betonte Roth.

Kritik kommt auch aus der Kirche

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, kritisierte den Kruzifix-Vorstoß Söders scharf. Durch den Erlass seien "Spaltung und Unruhe" entstanden, sagte Marx der Süddeutschen Zeitung. In der Bild-Zeitung attackierte der Münchner Weihbischof Wolfgang Bischof den Beschluss des bayerischen Kabinetts. Es mache ihn fassungslos, dass Söder mehrere Tage gebraucht habe, um einzuräumen, dass das Kreuz ein religiöses Symbol sei, schrieb Bischof in der Zeitung. "Viel wichtiger scheint Markus Söder die 'bayerische Identität' zu sein, was auch immer das sein soll. Das Kreuz ist aber kein Symbol für Bayern und erst recht kein Wahlkampflogo."

Unterstützung erhielt Söder vom früheren CSU-Chef Erwin Huber. Dieser kritisierte das Schweigen von Parteichef Horst Seehofer. "Der größte Teil der CSU-Mitglieder steht klar zur Entscheidung von Ministerpräsident Markus Söder zu Kreuzen in Behörden und Ämtern", sagte Huber der Passauer Neuen Presse und dem Donaukurier. Das Schweigen der "Parteispitze in Berlin" sei "auffällig". Die Entscheidung Söders und seines Kabinetts sei "eine wegweisende und mutige Richtschnur für die christlich-abendländische Kultur unseres Landes", sagte Huber. "Das Kreuz ist Symbol des Christentums wie auch der Prägung Bayerns wie kein anderes Zeichen."

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