Kurdenkonflikt: Die Welt muss die Türkei bremsen

23.1.2018, 14:20 Uhr
Kurdenkonflikt: Die Welt muss die Türkei bremsen

© dpa

Der Feldzug der Türkei gegen Kurden auf syrischem Territorium offenbart ein großes Dilemma. Nun, da Leopardpanzer gegen angebliche kurdische Terroristen im Umfeld der Stadt Afrin zum Einsatz kommen, kann es passieren, dass eben diese deutschen Panzer mit deutschen Panzerabwehrraketen unter Beschuss genommen werden.

Schließlich hatte die Bundesrepublik mit Zustimmung des Parlaments Milan-Raketen an die kurdischen Peschmerga geliefert, die damit gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien zu Felde gezogen waren. Mit großem Erfolg, die Dschihadisten sind weitgehend zurückgedrängt. Auch die Amerikaner unterstützen die kurdischen Einheiten - und werden nun indirekt von ihrem Nato-Partner Türkei unter Beschuss genommen. Das ist grotesk.

Der türkische Präsident Erdogan fürchtet einen möglichen Kurdenstaat südlich seiner Landesgrenze, mit seiner Militäroffensive spielt er aber mit dem Feuer. Einerseits stößt er seine Nato-Verbündeten vor den Kopf, andererseits riskiert er einen Konflikt mit Russland, der erklärten Schutzmacht Syriens. Denn wer die Kurden schwächt, stärkt den IS, was wiederum das Regime in Damaskus schlechter dastehen lässt.

Deswegen darf man Erdogan seinen Feldzug nicht unkommentiert durchgehen lassen. Wenn der Westen nichts unternimmt, um auf die Türkei mäßigend einzuwirken, kann nur der Eindruck entstehen, dass die Kurden mit dem Sieg über den IS ihre Schuldigkeit getan hätten und nun gern wieder in der Versenkung verschwinden dürfen. Eine messerscharfe Resolution des UN-Sicherheitsrats wäre das Mindeste.

Gleichzeitig sollte die türkische Offensive die Bundesrepublik nochmal zum Nachdenken über ihre Rüstungsexportlinien anregen. Derzeit gilt die Prämisse "keine Waffen in Krisengebiete". Und doch sind Militärgüter aus deutscher Produktion in nahezu allen umkämpften Hotspots der Welt beliebt und kommen dort auch zum Einsatz. Steht das einer Nation gut an, die sich selbst ins Stammbuch geschrieben hat, dass von ihrem Boden aus nie wieder ein Krieg ausgehen darf? Diese Frage beantwortet sich von selbst.

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