Mansour im NN-Talk: Islamismusexperte spricht Klartext

19.1.2018, 18:44 Uhr
Ahmad Mansour setzt sich für eine Professionalisierung in der Integrationsarbeit ein.

© Stefan Hippel Ahmad Mansour setzt sich für eine Professionalisierung in der Integrationsarbeit ein.

Vielen anderen Extremismus-Experten hat Ahmad Mansour eines voraus: Er weiß, wovon er spricht, wenn er sich zum Thema religiöse Radikalisierung äußert. Der aus Israel stammende 42-jährige Psychologe war als palästinensischer Jugendlicher selbst mehrere Jahre lang in islamistische Kreise geraten. Von den Schulkameraden gemobbt, flüchtete er in die Halt und Stärke bietende Gemeinschaft eines fundamentalistischen Imams.

Erst sein Studium und schließlich die Auswanderung nach Deutschland machten Mansour klar, "dass das Leben mehr zu bieten hat, als diese einfachen Wahrheiten". Bei seiner Arbeit mit jungen Muslimen, die sich häufig von der deutschen Mehrheitsgesellschaft ausgegrenzt fühlen und darauf mit einer radikalen Zuwendung zu ihrer Religion reagieren, kommen Mansour die eigenen Erfahrung heute zugute. Er hat in Berlin das Anti-Gewalt-Projekt "Heroes" mit aufgebaut, ist in der Gefangenenbetreuung aktiv und plant mit seinem eigenen Institut Integrationsprojekte auch für Bayern.


Mansour im NN-Interview: "Unser Land wird oft als schwach wahrgenommen"


Bei seinem Auftritt in Nürnberg skizzierte Mansour die Grundlinien seiner Vorstellung einer erfolgversprechenden Integrationspolitik. Konsequenter als bisher müsse auf die Einhaltung der Regeln und Gesetze geachtet werden. "Wenn ich merke, wie unsicher die Mehrheitsgesellschaft ihre Werte verteidigt, bekomme ich manchmal Angst", sagte der seit 2004 in Deutschland lebende Mansour im Gespräch mit NN-Chefredakteur Alexander Jungkunz.

Wer auf die Regeln unseres Staates eingeschworen wird, müsse gleichzeitig aber auch einen "emotionalen Zugang" zur hiesigen Gesellschaft ermöglicht bekommen. Mansour fordert, dass Migrantenkinder besser auf die verschiedenen Schulen einer Stadt verteilt werden und nicht in ihren eigenen Wohnvierteln unter sich bleiben. Er schlägt Patensysteme zur Betreuung von minderjährigen Flüchtlingen vor und hält eine konsequente Professionalisierung der Integrationsarbeit für unverzichtbar. Der Politik, die sich dem Thema weitgehend verweigere, und staatlichen Institutionen wirft er grobes Versagen vor.

Dringend erforderlich ist es seines Erachtens, die große, stille Mehrheit der liberalen Muslime im Land zu unterstützen und Projekte, die auf eine Reformierung des Islam zielen, zu fördern. Bisher, so sein Urteil, lasse die Politik in dieser Hinsicht jeden Mut vermissen.

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