May pocht immer noch auf Nachverhandlungen mit der EU

21.1.2019, 19:00 Uhr
Dieses vom britischen Unterhaus zur Verfügung gestellte Videostandbild zeigt Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, während einer Erklärung zu ihrem neuen Brexit-Antrag vor den Abgeordneten des Unterhauses.

© House Of Commons, dpa Dieses vom britischen Unterhaus zur Verfügung gestellte Videostandbild zeigt Theresa May, Premierministerin von Großbritannien, während einer Erklärung zu ihrem neuen Brexit-Antrag vor den Abgeordneten des Unterhauses.

In der Brexit-Blockade hat die britische Premierministerin Theresa May noch keinen Ausweg aufgezeigt. In ihrem mit Spannung erwarteten Plan B wiederholte May am Montag nur, sie lote einen Konsens im britischen Parlament aus und wolle dann erneut mit der Europäischen Union reden. Brüssel schloss Nachverhandlungen über das Austrittsabkommen prompt abermals aus. Allerdings streiten EU-Länder nun erstmals auf offener Bühne, ob es nicht doch Zugeständnisse an London geben soll.

Dabei dreht sich alles wieder um die Garantie einer offenen Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland, den sogenannten Backstop. Die Klausel war einer der Gründe dafür, dass das britische Unterhaus das Austrittsabkommen vorige Woche mit großer Mehrheit ablehnte - und das, obwohl sich EU und Großbritannien einig sind, dass eine feste Grenze zwischen Irland und Nordirland neue Gewalt in der früheren Bürgerkriegsregion anfachen könnte.


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Nahrung erhielt diese Befürchtung nach der Explosion einer Autobombe im nordirischen Londonderry am Wochenende. Als Verdächtige wurden fünf Männer festgenommen, die der militanten Gruppierung Neue IRA angehören sollen. Derartige Vorfälle könnten sich nach dem Brexit häufen, warnte der Nordirland-Mediator Michael Doherty. Am Montag versetzte der Raub zweier Autos durch bewaffnete, maskierte Männer die Polizei zweimal erneut in Alarmbereitschaft.

Bekenntnis zum irischen Friedensprozess

May verurteilte die Bombe von Londonderry und bekannte sich ausdrücklich zum irischen Friedensprozess und zur Vermeidung einer harten Grenze in Irland. Doch treffe der Backstop weiter auf Besorgnis im Unterhaus, sagte die Regierungschefin. Sie wolle in dieser Woche im Gespräch mit Abgeordneten ausloten, wie eine "größtmögliche Unterstützung" erreicht werden könne. Mit dem Ergebnis wolle sie dann die EU konfrontieren.

Die EU will das Austrittsabkommen nicht nachverhandeln - das ist seit Wochen die offizielle Linie und das bekräftigte ein Sprecher von EU-Ratschef Donald Tusk sofort nach Mays Rede. Auch Deutschland trägt diese Linie mit, wie Bundesaußenminister Heiko Maas deutlich machte. Allerdings sagte Maas auch, man brauche ein Abkommen zwischen Großbritannien und der EU: "Das hat leider im Unterhaus in London keine Mehrheit gefunden. Daran müssen wir jetzt weiterarbeiten. Das wollen wir auch. Dazu sind wir bereit." Jedoch müssten die Briten erstmal sagen, was sie wollen.

Der polnische Außenminister Jacek Czaputowicz verließ die bisherige EU-Linie und plädierte öffentlich für ein großes Zugeständnis an London: eine Befristung der Backstop-Garantie auf fünf Jahre. "Ich weiß nicht, ob das umsetzbar ist, ob Irland bereit ist, einen solchen Vorschlag zu machen", sagte Czaputowicz der BBC. "Aber ich habe den Eindruck, das könnte die Blockade bei den Verhandlungen lösen."

May bekräftigt Rote Linien

Der irische Außenminister Simon Coveney stellte klar, dass seine Regierung weiter auf einem unbefristeten Backstop beharrt. Czaputowicz' Äußerungen gäben nicht die Position der EU wieder. Die irische Europaministerin Helen McEntee widersprach im Sender RTE auch britischen Berichten, Irland könnte sich in einem bilateralen Vertrag mit Großbritannien in der Grenzfrage einigen.

May brachte im Parlament wenig Neues, bekräftigte aber ihre Roten Linien: Sie will den für 29. März geplanten Brexit nicht absagen und nicht verschieben, sie will keine Neuwahl und keine zweite Volksabstimmung. Doch suchen inzwischen britische Abgeordnete auf eigene Faust nach Auswegen aus der Sackgasse. Dazu arbeiten sie an Änderungsanträgen zu Mays Beschlussvorlage.

So gibt es Pläne von Oppositionsabgeordneten und EU-freundlichen Rebellen im Regierungslager, einen Aufschub des Brexit-Datums zu erzwingen, sollte sich ein Austritt ohne Abkommen abzeichnen. Abgestimmt werden soll darüber am 29. Januar.

Bundesaußenminister Maas sagte in Brüssel: "Wir müssen jetzt endlich wissen, was man in London will und wofür es eine Mehrheit im Parlament gibt." Danach könne man mit Großbritannien darüber reden, wie ein Brexit ohne Abkommen zu verhindern sei. "Denn das wollen ja anscheinend alle."

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn schlug vor, sich auf die Option einer dauerhaften Zollunion zu konzentrieren. "Damit könnte man die irische Frage lösen und man könnte auch ein Chaos verhindern am 30. März", sagte er in Brüssel. Ein Austritt Großbritanniens ohne Abkommen führe unweigerlich dazu, dass es wieder Grenzkontrollen und Zölle gebe. "Das will ja keiner", sagte Asselborn.