May scheitert erneut: Kein Brexit ohne Abkommen

13.3.2019, 22:01 Uhr
Nach dem Brexit-Deal von Premierministerin Theresa May hat das britische Unterhaus nun auch einen Austritt ohne Abkommen abgelehnt.

© Mark Duffy/UK Parliament/AP/dpa Nach dem Brexit-Deal von Premierministerin Theresa May hat das britische Unterhaus nun auch einen Austritt ohne Abkommen abgelehnt.

Damit wollte er wohl die harten Brexit- Betonköpfe in seiner Fraktion weich klopfen, die weiterhin nach einer radikalen Trennung von der EU lechzen. Theresa May hatte zwar immer behauptet, dass "kein Deal" besser sei als ein "schlechter Deal". Aber nachdem das Parlament am Vorabend ihren "schlechtesten aller Deals" zum zweiten Mal niedergebügelt hatte, machte sie zwangsläufig gute Miene zum bösen Spiel. Wegen ihrer durch zu vieles und fruchtloses reden gereizten Stimmbänder klingt ihr Krächzen nun so boshaft und bedrohlich, wie ihrer Parodie als "Gollum" aus dem Herr der Ringe in YouTube.

Um nach der Abstimmung nicht die Kündigung für ihr halbes Kabinett aus brüllen zu müssen, hob die Premierministerin den Fraktionszwang auf, sodass die Abweichler eine andere "rote Linie" ihrer Chefin überschreiten und gegen einen ungeregelten Austritt stimmen konnten. Dieser überraschende Bruch mit der "kollektiven Verantwortung", die eine eiserne Gepflogenheit britischer Regierungen ist, wird wieder als Zeichen gewertet, dass der Brexit Theresa May zu einer "lahmen Ente" machte, die wenig Autorität mehr im Kabinett und ihrer Fraktion mehr besitzt. Philip Hammond bestärkte diesen Eindruck, indem er mit für ihn ungewöhnlichen Leidenschaft dafür plädierte, zusammen mit den Oppositionsparteien nach einem neuen Deal zu suchen, der breite Zustimmung im Parlament finden könnte.

Plan stieß in Brüssel auf Interesse

Das war eine Offerte an den Plan von Labour Chef Jeremy Corbyn, mit der EU nach dem Austritt in einer gemeinsamen Zollunion zu verbleiben, für die auch die meisten Regeln des Binnenmarkts gelten soll. Das entspricht etwa dem Status von Norwegen. Dieser Plan stieß wenigstens in Brüssel auf Interesse, während die meisten Zusatzanträge bei der gestrigen Abstimmung, wohl als "Einhörner" gelten müssen, wie völlig unrealistische Ideen in England bezeichnet werden. Die EU ist wohl nicht mehr bereit nach allen Enttäuschungen über die britische Verhandlungsführung, Fabelwesen von der Insel die Tore von Brüssel zu öffnen. Am Donnerstag wird über eine Verschiebung des Austrittstermins abgestimmt.


Parlament spricht sich gegen EU-Austritt ohne Vertrag aus


London bedarf da zu der Einwilligung aller 27 EU-Mitglieder. Diese müssen jedoch einen wichtigen Grund dafür sehen, dass die Briten den Art. 50 des Lissaboner Vertrags nicht wie vorgesehen in nur zwei Wochen in Kraft setzen. Um für alle Fälle gewappnet zu sein, hat der Schatzkanzler fiskalische Vorsichtsmaßnahmen für einen harten Brexit angekündigt. Dazu gehört ein Nulltarif für die aus Drittländern eingeführten Lebensmittel und Güter des täglichen Bedarfs. Auf der anderen Seite werden Importe aus der EU mit teilweise hohen Zöllen belastet. So würde ein deutsches Automobil in Großbritannien um 1600 Euro teurer.

Großen Trumpf in der Hand

Aus loyalen Kreisen der Premierministerin sickerte durch, dass diese immer noch glaubt, dass ihr mit Brüssel geschlossenes Abkommen der gute und einzige Deal sei, Großbritannien vor den harten Folgen eines harten Brexit zu bewahren. Das Kalkül dahinter ist die Hoffnung, dass das zerstrittene Parlament nicht in der Lage ist, eine Alternative zu finden und schließlich ein neuer Volksentscheid das Ende der Brexit-Saga bringt. Der Verbleib in der EU oder eine Labourr-Regierung wäre den Brexit- Fundamentalisten so grauenhaft, dass sie zähneknirschend bei einer dritten Abstimmung Mays Deal akzeptieren würden.

Schließlich hat die Premierministerin bei der zweiten Abstimmung die Gegenstimmen von 230 auf 149 reduzieren können. Nach dieser Rechnung braucht sie nur noch drei weitere Abstimmungen zum Sieg. May hat noch einen großen Trumpf in der Hand, den ihr das Parlament bei der Abstimmung zur Verkündigung des Artikels 50 in die Hand gegeben hat. Der Termin am 29. März ist gesetzlich fixiert und kann nur durch ein neues Gesetz verschoben werden. Wenn dies in den noch verbleibenden zwei Wochen nicht zu schaffen ist, muss Großbritannien über die Klippe in den harten Brexit springen.

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