Merkel braucht keine Nachhilfe von Gerhard Schröder

6.11.2018, 09:48 Uhr
Aufsichtsratschef von Rosneft, einem Unternehmen, das auf der Sanktionsliste von USA und EU steht: Gerhard Schröder.

© Federico Gambarini Aufsichtsratschef von Rosneft, einem Unternehmen, das auf der Sanktionsliste von USA und EU steht: Gerhard Schröder.

Wer sich an das Gesicht Angela Merkels in der Elefantenrunde nach der Wahl 2005 erinnert, wird eine Ahnung davon bekommen, was sie vermutlich von Wortmeldungen Gerhard Schröders hält. Konsterniert beobachtete die damals siegreiche CDU-Kanzlerkandidatin, wie sich vor ihren Augen eine groteske Szene abspielte: Noch-Kanzler Schröder erklärte mit voller Inbrunst, die SPD denke gar nicht daran, Angela Merkel zur Kanzlerin zu wählen. Entgeistert blickte nicht nur Merkel, entgeistert blickten auch die Moderatoren drein.

13 Jahre später gibt Gerhard Schröder seiner Nachfolgerin Nachhilfe in Sachen Kanzlerschaft: An ihrer Stelle würde er im Bundestag die Vertrauensfrage stellen, sagt der 74-Jährige der Rheinischen Post. "Die Vertrauensfrage ist für jeden Kanzler eine Möglichkeit, Gefolgschaft zu erzwingen. Ich würde es an ihrer Stelle heute machen."

Darüber lässt sich freilich inhaltlich diskutieren: Die Vertrauensfrage nach Artikel 68 Grundgesetz gibt einem Regierungschef tatsächlich ein starkes Mittel zur Disziplinierung seiner Gefolgschaft an die Hand. In der politischen Praxis bedeutet die Vertrauensfrage aber ein gefährliches Spiel. Weil sie den Schluss nahelegt: Ein Kanzler, der es nötig hat, sie zu stellen, der ist sich seiner Macht gar nicht mehr so sicher. Stellt Merkel die Vertrauensfrage, könnte das schnell wie ein verzweifelter Versuch wirken, sich die Kanzlerschaft um jeden Preis noch ein wenig länger zu erhalten.

Genauso ließe sich aber auch darauf verweisen, dass sich ein Bundeskanzler a.D. nach einem alten Grundsatz eigentlich nicht in die Amtsführung seines Nachfolgers einmischt. Ja, Helmut Schmidt hielt sich daran nie. Aber Schmidt hatte sich stets seine Unabhängigkeit (auch von der eigenen Partei) bewahrt. Gerhard Schröder ist in der Rolle des elder statesman dagegen höchst unglaubwürdig. Wer Wladimir Putin zu seinen Freunden zählt und im russischen Ölkonzern Rosneft als Aufsichtsratschef fungiert, einem Unternehmen, das auf der Sanktionsliste von USA und EU steht, der hat seine Chance verwirkt, als weiser Ratgeber aufzutreten.

Aber Angela Merkel wird sicher selbst am besten wissen, was sie mit Schröders Ratschlägen anfangen soll.

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