Merkel kündigt Ausstieg aus Bundestag nach Legislatur an

29.10.2018, 17:58 Uhr

CDU-Chefin Angela Merkel ist nach massiven Verlusten ihrer Partei bei der Landtagswahl in Hessen bereit, den Parteivorsitz abzugeben - sie will aber Kanzlerin bleiben. Das habe die 64-Jährige am Montag in einer Präsidiumssitzung in Berlin deutlich gemacht, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Parteikreisen. Bisher hatte Merkel immer darauf bestanden, dass beide Ämter zusammengehören.

Merkel hat nach eigenen Worten schon vor der Sommerpause die Entscheidung getroffen, vom CDU-Vorsitz zurücktreten zu wollen. Sie habe die Verkündung dieses Schritts dann jetzt – nach den Verlusten der Unionsparteien bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen – um eine Woche vorgezogen, sagte Merkel am Montag nach Gremiensitzungen ihrer Partei in Berlin. Ursprünglich habe sie diesen Schritt bei der am Sonntag beginnenden, zweitägigen CDU-Vorstandsklausur ankündigen wollen. Sie habe ihre Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer nicht eingeweiht. Es gebe manche Entscheidungen, da "hilft man niemandem, wenn man es zu vielen Menschen vorher sagt – das gehört dazu", sagte Merkel. Vor ihrer Ankündigung an diesem Montag habe sie die Parteivorsitzenden der Koalitionspartner, Andrea Nahles (SPD) und Horst Seehofer (CSU), über ihren Schritt in Kenntnis gesetzt.

Die Nachfolge an der Parteispitze könnte auf dem CDU-Parteitag Anfang Dezember in Hamburg geregelt werden. Für den Vorsitz kandidieren will unter anderem der frühere Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz, wie die dpa aus dem Umfeld von Merz erfuhr.

Merkel ist seit 18 Jahren CDU-Chefin und seit 13 Jahren Kanzlerin. Sie will zudem nach Ende der bis 2021 laufenden Wahlperiode nicht erneut für den Bundestag kandidieren, wie sie nach dpa-Informationen weiter sagte. Auch in Brüssel - etwa in der Europäischen Union - wolle sie keine Ämter übernehmen. In der auf das Präsidium folgenden Sitzung des CDU-Vorstands applaudierten die Mitglieder Merkel nach Teilnehmerangaben im Stehen für ihre Verzichtsankündigung.

"Ich habe meine Meinung nicht geändert"

Der 62-jährige Jurist und Finanzexperte Merz stand von 2000 bis 2002 an der Spitze der Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU - bis Merkel ihn aus diesem Amt verdrängte. Er gilt nach wie vor als ein Kopf der Konservativen in der Partei. Die CDU-Spitze kommt an diesem Sonntag zu einer länger geplanten Vorstandsklausur zusammen.

Merkel hatte erst Ende September - vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen - durchblicken lassen, dass sie beim Parteitag erneut für den CDU-Vorsitz antreten wolle. "Ich habe gesagt, ich stehe für diese Legislaturperiode zur Verfügung und ich habe meine Meinung bezüglich der Verbindung von Parteivorsitz und Kanzlerschaft nicht geändert", sagte sie bei einer Veranstaltung der Augsburger Allgemeinen. Wie zuvor schon in Bayern die CSU fuhr nun in Hessen auch die CDU am Sonntag zweistellige Verluste ein. In der CDU wurde danach der Ruf nach personellen Konsequenzen laut. Bei Spekulationen über eine Nachfolge Merkels wurden bisher vor allem Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet genannt. Auch Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) war im Gespräch.

Gremium will über Konsequenzen beraten

SPD-Chefin Andrea Nahles gab sich mit Blick auf Merkels Schritt zunächst zurückhaltend. "Ich kann momentan nicht den Gremiensitzungen der CDU vorgreifen und möchte das deswegen an dieser Stelle nicht kommentieren", sagte sie. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Marco Buschmann sagte der dpa: "Wenn die Bundeskanzlerin sagt, dass sie für den Parteivorsitz nicht mehr geeignet ist, dann muss sie sich doch erst recht fragen, ob sie noch für das Kanzleramt geeignet ist."

Im Laufe des Tages wollten die Gremien aller Parteien in Wiesbaden und Berlin über Konsequenzen aus dem Ergebnis beraten. Bei der Wahl verlor die CDU mit Ministerpräsident Volker Bouffier an der Spitze nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 11,3 Punkte im Vergleich zur Wahl 2013 und kam auf 27,0 Prozent. Die SPD mit Thorsten Schäfer-Gümbel an der Spitze erzielte 19,8 Prozent (minus 10,9). Großer Wahlgewinner wurden die Grünen mit ebenfalls 19,8 Prozent (plus 8,7).

Dank der hohen Grünen-Zugewinne ist eine Fortsetzung des seit 2013 regierenden schwarz-grünen Bündnisses in Hessen knapp möglich. Daneben kommen auch CDU und SPD sowie SPD, Grüne und FDP rechnerisch auf eine Mehrheit. Am stabilsten wäre ein Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP.

Der Artikel wurde um 12.30 Uhr aktualisiert.

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