Merkel will Kanzlerin bleiben - warum eigentlich?

28.12.2017, 10:56 Uhr
Merkel will Kanzlerin bleiben - warum eigentlich?

© Sebastian Gollnow/dpa

Ein "Deutschland, in dem wir gut und gerne leben" haben Angela Merkel und die CDU im Wahlkampf gezeichnet. Nun ist Deutschland tatsächlich ein Land, in dem viele Menschen gut und gerne leben.

Nur musste der Satz wie ein Hohn auf all diejenigen wirken, die es eben nicht so gut haben: die sich als prekär bezahlte Paketfahrer aufreiben, wo doch immer vom "Wirtschaftswunderland" die Rede ist. Die nicht wissen, wie sie das Geld für die Schul-Abschlussfeier der Kinder zusammenbekommen sollen, wo andere Eltern aufwendige Exklusiv-Events planen. Die auf der Warteliste für die Genossenschaftswohnung ganz hinten stehen, wo nebenan Appartements für eine neue urbane Oberschicht gebaut werden. Die auf dem Land die Schließung des letzten Ladens mit ansehen müssen, wo doch die Metropolen so boomen.

Fast neun Prozentpunkte verlor die Union schließlich bei der Wahl. Angela Merkel hätte daraus Konsequenzen für ihre Politik ableiten können. Doch stattdessen erklärte sie am Tag nach der Wahl: "Ich kann nicht erkennen, was wir jetzt anders machen müssen." Es gibt wohl kaum einen Satz, der die Entfremdung zwischen der Dauerkanzlerin und einem großen Teil der Bevölkerung - inzwischen will fast jeder Zweite ihren Abgang - derart offenbart.

Deutschland ist ein gespaltenes Land. Viele Bürger merken das. Wer sich in der Gesellschaft unten fühlt, bei dem bauen sich Frust und Hoffnungslosigkeit auf. Und wer zur Mittelschicht gehört, der fragt sich, ob das später auch noch für seine Kinder gelten wird.

Für die Union ist sie: alternativlos

Natürlich hat das keinesfalls nur Angela Merkel zu verantworten, trotz ihrer inzwischen zwölf Jahre im Kanzleramt. Jemand, der für sich in Anspruch nimmt, vier weitere Jahre als Bundeskanzlerin zu regieren, steht aber in der Pflicht, eine Vision zu skizzieren, wie er die Probleme lösen will. Angela Merkel macht dazu keine Anstalten. So drängt sich eine Frage auf: Warum will sie eigentlich Kanzlerin bleiben?

Dass eine mögliche Antwort darauf eine Gegenfrage ist – nämlich: Wer soll es denn sonst machen? –, das geht auf Merkel selbst zurück. Sie hat ihre Partei nicht nur vieler konservativer Positionen beraubt, sondern auch vieler Personen, die womöglich Kanzlerformat gehabt hätten, Merkel aber genau deswegen gefährlich erschienen.

Für die Union ist Angela Merkel damit zu Beginn des Jahres 2018 tatsächlich noch: alternativlos. Für Deutschland ist das nicht unbedingt die beste Nachricht.

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