Kommentar: Nach Taten von Nürnberg - gegen die Angst

14.12.2018, 19:52 Uhr
Die Suche nach dem Täter, der in der Donnerstagnacht drei Frauen angriff, ging am Freitag weiter.

© Roland Fengler Die Suche nach dem Täter, der in der Donnerstagnacht drei Frauen angriff, ging am Freitag weiter.

Auch, weil die gefühlte Bedrohung in den letzten Tagen ohnehin gestiegen ist nach dem Terror von Straßburg. Und weil dadurch Erinnerungen an den Berliner Anschlag auf dem Breitscheidplatz hochkamen. Beide Male waren Weihnachtsmärkte das Ziel. Und nicht zuletzt die Vergewaltigung im Fürther Pegnitzgrund am helllichten Tag vor einigen Wochen hat dafür gesorgt, dass vor allem Frauen Angst haben, auch in Nürnberg und Fürth.

Begründete Angst? In diesen Fällen sicherlich. Und, das betonte Nürnbergs Polizeipräsident bei der Pressekonferenz nach den Attacken in Johannis, die Zahl der Attacken mit Messern ist in und um Nürnberg deutlich gestiegen seit 2014.

Steigender Trend

Auch bundesweit gibt es diesen Trend. Und er hat, das lässt sich an den Statistiken ablesen, sehr wohl mit Zuwanderung zu tun, weil etliche Täter Migranten sind und einige von ihnen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise ins Land kamen. Das ist jener folgenreiche Fehler von Angela Merkels Entschluss, die Grenzen nicht zu schließen.

Warum ist hier die Rede von Gewalt durch Migranten, obwohl wir im Nürnberger Fall doch noch gar nicht wissen, wer der Täter war? Weil am Freitagmorgen, als die ersten Meldungen über die Taten liefen, etliche dachten: Wieder eine Messerattacke — steckt doch wieder ein Migrant dahinter. Entsprechend wurde die Nachricht aus Nürnberg auch kommentiert in den sozialen Netzwerken, wo sich erschreckend viele sehr schnell sehr sicher sind, wer hinter einer Tat steckt. Auch, wenn die bisher eher nach dem Verbrechen eines Verwirrten, Verstörten, vielleicht Kranken aussieht, nicht nach Terror oder Rache.

Kann man sich schützen vor so einer Welle von Attacken? Kaum. Städte sind offene Räume. Selbst Videoüberwachung hilft wenig, wenn ein Täter den unbedingten Willen hat, zuzuschlagen. Sie hat aber positive Effekte. Mehr Polizei in normalerweise friedlichen, ruhigen Stadtteilen wie Johannis? Schwer zu stemmen angesichts der Be- und Auslastung der Beamten.

Mit dem Grundrisiko leben

Nein, wir müssen mit einem Grundrisiko leben in einer freien, offenen Gesellschaft, die wir sind und nach dem Willen einer überwältigenden Mehrheit der Bürger auch bleiben wollen. Absolute Sicherheit gibt es nicht einmal in einer absolut abgeriegelten Diktatur mit vermeintlich lückenlosen Kontrollen. Das klingt abgedroschen und ist oft wiederholt worden nach den Attentaten der jüngsten Vergangenheit, es bleibt aber richtig.

Und: Wir haben — ungeachtet all der verständlichen Angst, die nun in Johannis umgeht — insgesamt weit weniger Grund zur Sorge als die Bürger vieler anderer Staaten oder als unsere Vorfahren. Denn Deutschland wird, das belegen die Statistiken, immer sicherer. Die Experten registrieren seit Jahren einen anhaltenden Rückgang der Kriminalität. Nürnberg gehört zu den sichersten Großstädten, Fürth ist sogar die sicherste.

Aber die gefühlte Sicherheit ist momentan eine andere als die tatsächliche. Am Freitag wollte Nürnberg darüber informieren, wie es um das Sicherheitsgefühl in der Stadt steht. Da kamen die Attacken dazwischen — das Info-Gespräch wurde abgesagt. Trotz des schrecklichen Verbrechens aber gilt: Wir leben in sehr sicheren Zeiten. Angst ist gut, wenn und weil sie vorsichtig macht. Aber sie darf und muss niemanden lähmen in diesem Land.

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