Nach Weißem Haus: Russischer Späh-Jet überfliegt Franken

16.9.2017, 20:33 Uhr
Nach Weißem Haus: Russischer Späh-Jet überfliegt Franken

© flightradar24.com

Sie ist fast 48 Meter lang, hat eine Reichweite von rund 6600 Kilometern und beschleunigt bis auf 950 Stundenkilometer. Doch das, was die Tupolew 154M der russischen Luftwaffe so besonders macht, lauert im Inneren. An Bord hat der Jet hochauflösende Kameras und Infrarottechnik - eine Ausstattung, die Bilder liefern soll. Bilder aus Ländern der Nato, Bilder mit einer gewissen Sprengkraft.

Erst kürzlich wurde das Spionageflugzeug mit der Kennung RF-85655 über Washington gesichtet. In nur 1000 Metern Höhe überflog die Tupolew dabei die weiße Kuppel des Kapitols, das gigantische Fünfeck des Pentagon und das CIA-Hauptquartier in den Wäldern am Rande der amerikanischen Hauptstadt. Illegal ist das keineswegs, auch wenn eben jene Gebäude eigentlich in einer Flugverbotszone liegen.

Spionageflugzeug streifte den Rothsee

Gedeckt war der Überflug durch das sogenannte "Open Skies"-Abkommen von 1992. Geschlossen wurde es zwischen den Ländern der Nato und den Mitgliedsstaaten des ehemaligen Warschauer Pakts - als vertrauenbildende Maßnahme nach dem Kalten Krieg. "Open Skies", was auf Deutsch so viel heißt wie "offener Himmel", erlaubt beiden Parteien Aufklärungsflüge über dem Staatsgebiet des anderen. Einziger Knackpunkt: Die Flüge müssen angemeldet werden und sich offizielle Vertreter des überflogenen Landes mit an Bord befinden. In Washington waren das etwa amerikanische Luftfahrtoffiziere. In Kraft trat das Abkommen allerdings erst im Jahr 2002.

Beobachter werten den Überflug der amerikanischen Hauptstadt durchaus als Provokation Russlands. Denn neben dem Weißen Haus überflog die Tupolew auch zwei Golf-Klubs von Präsident Donald Trump.

"Erste Mal, dass ich so etwas beobachten konnte"

Nun wurde die Maschine mit dem Nato-Codenamen "Careless" über Franken gesichtet - allerdings nicht unbedingt in geheimer Mission. Die RF-85655 tauchte über Ingolstadt auf, streifte den Rothsee und überflog dann die Nürnberger Altstadt, gefolgt von Erlangen und Bamberg. All das aber in einer Höhe von rund 20.000 Fuß. Sehr unwahrscheinlich, dass die Tupolew aus sechs Kilometern Höhe wirklich Bilder geschossen hat. Auf Flightradar24 lässt sich der Weg des Jets nachskizzieren.

Dieses Foto zeigt die Maschine in Manching:

Ungewöhnlich ist die Aktion dennoch. "Das ist das erste Mal, dass ich so etwas beobachten konnte", sagte Jan Richter, ein Flugsicherheitsberater, der Online-Ausgabe der Welt. Später überflog die RF-85655 auch die Nord- und Ostsee, das allerdings in nur etwa 1000 Metern Höhe. "In dieser geringen Flughöhe ist der Treibstoffverbrauch extrem hoch, ich schätze, sie kann nur ein paar Stunden in der Luft bleiben", so Richter.

Mittlerweile ist die Tupolow 154M wieder in Moskau.

4 Kommentare