"Nelkenbomber"-Absturz im Reichswald: Spuren führen zur CIA

13.4.2016, 06:00 Uhr

© Günter B. Kögler

Demnach war die Maschine wohl oft in Diensten des US-amerikanischen Geheimdienstes Central Intelligence Agency (CIA) unterwegs; dieser hat über die Fluggesellschaft Fragtflug, der das Flugzeug gehörte, Waffenlieferungen abgewickelt.

Doch an jenem verhängnisvollen Abend hatte sie lediglich hunderttausende Blumen für den Muttertag geladen, die nach dem Absturz die Bäume und den Waldboden bedeckten. Für die drei norwegischen Besatzungsmitglieder – den Kapitän, seinen Co-Piloten und einen Flugingenieur – kam jede Hilfe zu spät. "Die Piloten starben im Blumenmeer", überschrieb die NZ am 8. Mai 1974 ihren Artikel.

Die Nürnberger Zeitung berichtete in jenem Frühling vor 42 Jahren, dass die viermotorige Transportmaschine vom Typ DC 6 um 19.35 Uhr in Nizza gestartet war. An Bord: Knapp zehn Tonnen Blumen, vor allem Nelken, die eine Nürnberger Großhandlung bekommen sollte. Die Ankunft in der Frankenmetropole war für 22.10 Uhr geplant.

Über Dinkelsbühl meldete der Pilot einen Schaden an einem der vier Kolbentriebwerke, was aber eigentlich nach Angaben der Fluggesellschaft verkraftbar hätte sein müssen – die Maschine sei auch mit drei Motoren voll flugfähig. Doch kurz vor Beginn des Endanflugs brach die Funkverbindung mit der Besatzung ab. Das war um 22.21 Uhr.

Fünf Kilometer vor dem Nürnberger Flughafen stürzte die Maschine in den Erlenstegener Forst und riss eine tiefe Schneise in den Wald. Um 1.15 Uhr entdeckten die Rettungskräfte das Wrack, das kein Feuer gefangen hatte und daher zunächst schwer auszumachen war.

"Wenig später bot sich an der Unglücksstelle ein makabres Bild", schrieb die NZ. "Gleißende Scheinwerfer strahlten die zur Sicherheit in Löschschaum gehüllten Wrackteile an. Sie waren übersät von roten und rosafarbenen Nelken."

Nun hat die SZ berichtet, dass sich in den Unterlagen von Mossack Fonseca (Mossfon) auch Hintergründe über die Firma Fragtflug International finden, die im Auftrag der US-amerikanischen Geheimdienste Waffen aller Art in Krisenregionen verfrachtete. Hinter der Firma habe der Isländer Loftur Johannesson gesteckt, berichtet die SZ – was noch nicht so spektakulär ist, weil Johannesson damals auch in der Berichterstattung als "Managing-Direktor" des Unternehmens zu Wort kommt (8. Mai 1974).

Nun handelte es sich bei Johannesson aber um keinen gewöhnlichen Firmenchef. Vielmehr war seine Gesellschaft Fragtflug International im "Schattenreich der amerikanischen Geheimdienste mehr als nur eine kleine Nummer", schreibt die SZ. Hinter den Waffentransporten stand vor allem die CIA, die laut SZ Leute wie Johannesson brauchte, um unentdeckt ihre Operationen durchführen zu können. So sei er ihr zum Beispiel dabei behilflich gewesen, den Mudschahedin in Afghanistan Waffen zu beschaffen. Johannesson arbeitete auch mit Hilfsorganisationen zusammen, um die Waffengeschäfte zu tarnen.

Letztlich bleibt vieles im Dunkeln

Der 1930 geborene Isländer, ein gelernter Pilot, der heute in Barbados leben soll, war SZ-Angaben zufolge mindestens ein Vierteljahrhundert an wichtigen verdeckten Operationen amerikanischer Dienste beteiligt und ist über den Waffenhandel reich geworden. Über einen Sprecher ließ er die Vorwürfe jedoch bestreiten, für einen Geheimdienst habe er nie gearbeitet. Ansonsten schweigt der 85-Jährige.

So bleibt letztlich vieles über den "Nelkenbomber" doch im Dunklen. Der Unglücksort im Erlenstegener Forst mutierte damals zum schaurigen Ausflugsziel – fast eine Woche lang kamen Spaziergänger, um sich bundweise Blumen abzuholen. Als Absturzursachen verweist der Abschlussbericht aus dem Jahr 1976 neben Defekten am Flugzeug auch auf Probleme des Piloten. Der war demnach magenkrank und angetrunken.

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