Neonazi-Fest in Themar verhöhnt das Versammlungsrecht

17.7.2017, 09:57 Uhr
Neonazi-Fest in Themar verhöhnt das Versammlungsrecht

© REUTERS / Michaela Rehle

5500 Neonazis feiern in Thüringen ein wildes Einpeitsch-Fest, und der Staat schaut zu. Genehmigt die Veranstaltung sogar gerichtlich, um das im Grundgesetz verbriefte Recht auf freie Meinungsäußerung hochzuhalten.

Das kann einem schon sauer aufstoßen. Zumal es nicht die erste "Demonstration" dieser Art ist. In den letzten Jahren hat sich gerade Thüringen als Heimat diverser Rechtsrockkonzerte einen Namen gemacht. Allein im Juli dieses Jahres wurden zu drei Festivals insgesamt mehrere Tausend Neonazis erwartet. Da müssen beim Staat alle Alarmglocken angehen.

Wer eine Demonstration ankündigt, für die Teilnahme daran (wie in Themar geschehen) aber 35 Euro Eintritt verlangt, der hat den Bogen, den ihm die Gerichte eingeräumt haben, deutlich überspannt. Eine angemeldete Demo muss die Polizei absichern, ein Rockkonzert eigentlich der Veranstalter - diese Kosten wurden auf den Steuerzahler abgewälzt. Eine solche Verhöhnung des Versammlungsrechts darf der Staat nicht mit sich machen lassen - das muss juristisch verfolgt und geahndet werden, sonst macht sie die Justiz, welche die "Demonstration" schließlich genehmigte, indirekt sogar zum Handlanger neonazistischer Umtriebe. Eine "Demonstration" als Einnahmequelle für rechte Hassprediger? Das darf nicht sein.

In diesem Video-Ausschnitt sieht man, wie die Neonazis den Hitlergruß zeigen: 

Und was tut die Politik? Der Ruf von Thüringens Ministerpräsident Ramelow nach einer Beschränkung des Versammlungsrechts kann nicht die alleinige Antwort auf die skandalösen Vorgänge sein. Damit macht er es sich zu einfach. Der Linken-Politiker bekämpft damit lediglich die Symptome einer bedenklichen Entwicklung, während das Vorgehen gegen die Ursachen der braunen Umtriebe doch weitaus vielversprechender wäre.

Ramelows Parteikollegin, Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, sagte mit Blick auf Themar, dass Verbote "nazistisches Gedankengut" ohnehin nicht verhindern könnten. Es bedürfe einer gesellschaftlichen Auseinandersetzung - und da hat besonders der Osten einigen Nachholbedarf. Die dortigen Regierungen müssen Geld in die Hand nehmen, um zum einen den Heranwachsenden in den Schulen zu vermitteln, dass die wirtschaftlichen oder sozialen Probleme im Land nicht von Asylbewerbern oder Menschen anderer Nationalität herrühren - deren Anteil an der Gesamtbevölkerung in den neuen Ländern im Vergleich zum Westen ohnehin lächerlich gering ist.

Und sie müssen jenen Jugendlichen, die sich abgehängt fühlen, die Perspektive bieten, eine Lehrstelle und später ein Auskommen zu haben. Wer zufrieden ist, lässt sich von rechten Rattenfängern nicht radikalisieren. Zum anderen müssen Ausstiegsprogramme für die rechte Szene aufgelegt werden, um den braunen Sumpf trockenzulegen. Das dauert, hat aber andernorts schon funktioniert.

 

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