Nervenprobe S-Bahn: Ärger ohne Ende

4.10.2011, 00:00 Uhr
Nervenprobe S-Bahn: Ärger ohne Ende

© Thomas Kohl

Die Nürnberger S-Bahn glänzte einst mit ihrer Pünktlichkeit. Seit der Erweiterung des Systems im Dezember 2010 läuft der Verkehr jedoch alles andere als rund.

Elke Schmidt zum Beispiel. So wie viele Menschen im Großraum ist sie auf die S-Bahn angewiesen: Immerhin 100.000 fahren inzwischen täglich in den Zügen, pendeln wie sie zwischen Wohn- und Arbeitsplatz. Bis vor knapp einem Jahr war das auch kein Problem, sagt Schmidt, die selber noch nicht einmal ein Auto besitzt. Doch inzwischen ist sie frustriert.

Seit der Erweiterung der S-Bahn Mitte Dezember 2010 „vergeht kein Tag“ ohne Zugausfälle oder Verspätungen für sie und ihre schulpflichtige Tochter, sagt sie. Besonders schlimm sei es bei der S1 zwischen Bamberg und Hartmannshof. Massive Verspätungen seien dort beinahe schon die Regel, noch dazu „geschieht das dann auch ohne Information seitens der DB“.

Doch damit nicht genug. Immer wieder würde es vorkommen, dass der Zug einige Stationen vor dem eigentlichen Ziel seine Fahrt beendet. „Das ist kein Einzelfall“ und passiere auch spät am Abend, wie zuletzt vor drei Wochen ihrer 17-jährigen Tochter, die dann gegen 23 Uhr ein teures Taxi nach Hause nehmen musste.

Ärger mit dem Chef

Sie selber habe inzwischen Probleme in der Arbeit, wohin sie wegen der S-Bahn immer wieder zu spät komme, ihrer Tochter und anderen Kindern würden die Lehrer die Erzählungen von den Dauerverspätungen ebenfalls nicht mehr glauben. „So kann das nicht weitergehen.“

Hilmar Laug kennt solche Schilderungen und weiß, dass sie nicht übertrieben sind. Auch beim Geschäftsleiter von DB Regio Franken laufen seit zehn Monaten regelmäßig Beschwerden über die S-Bahn ein. Und fast immer ist es die einst als Paradestrecke geplante Linie S1, die für den größten Kundenzorn sorgt. Während die anderen drei Strecken inzwischen relativ stabil laufen würden und die Züge dort zu 95 Prozent pünktlich seien, fahren auf den 99 Kilometern zwischen Bamberg, Lauf und Hartmannshof „leider nur 85 Prozent der Züge nach Plan“. Im Schnitt, wohlgemerkt. „Das tut uns weh und ich kann die Verärgerung der Fahrgäste nachvollziehen“, versichert Laug.

Schließlich sei die Erwartungshaltung der Kunden zum Start der für 400 Millionen Euro von 67 auf 224 Kilometer vergrößerten S-Bahn zurecht hoch gewesen. Natürlich würde alles dafür getan, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Doch die Gründe für die Schwierigkeiten seien vielfältig. „Früher ist die S-Bahn fast ausschließlich auf einem eigenen Netz gefahren“, sagt Laug. Doch heute fährt sie oft auf dem Bestandsnetz, muss sich die ohnehin schon vollen Gleise zwischen Bamberg und Nürnberg oder auch Richtung Neumarkt mit dem Regional-, Fern- und Güterverkehr teilen. Dazu kommen die ständigen Arbeiten an der Infrastruktur. Denn die war im Dezember 2010 alles andere als fertiggestellt. Schon zum Start fehlten Gleise wie in Nürnberg/Fischbach, anderswo standen Fahrgäste auf provisorischen Bahnsteigen aus Holz.

130 Baustellen in einem Jahr

Allein zwischen Nürnberg und Forchheim wurden so für 2011 rund 130 Baustellen anberaumt, was Gift für die Pünktlichkeit ist. Genauso wie die Tatsache, dass die ein- und ausfahrenden S-Bahnen am Nürnberger Hauptbahnhof mehrere Gleise kreuzen, so dass bei Verspätungen entweder ein Zug nicht hinein oder der andere nicht hinaus kann. Und immer noch fehlen die neuen, spurtstarken Fahrzeuge, weil Hersteller Bombardier nicht rechtzeitig geliefert hat, muss weiter mit alten und anfälligen Zügen gefahren werden.

Verspätungen könnten sich so leicht aufschaukeln. „Im Notfall“ bleibe dann wirklich nichts anderes mehr übrig, als einzelne S-Bahnen vorzeitig enden zu lassen, „um wieder in den Fahrplan zu kommen“, so Laug. Immerhin ein paar Verbesserungen soll es jedoch bis zum Jahresende geben. Die Gleissituation am Nürnberger Hauptbahnhof wird entflechtet, die Fahrzeit zwischen Bamberg und Nürnberg und von dort nach Hartmannshof um insgesamt zwei Minuten verkürzt. Gleichzeitig wird auf mehreren Kilometern die Höchstgeschwindigkeit steigen, was ebenfalls ein paar Minuten Puffer bringen soll.

Wann aber wird die S–Bahn wirklich zuverlässig sein? Einen festen Zeitpunkt kann Laug nicht nennen. Was nichts an seiner Überzeugung ändert, dass die S-Bahn Nürnberg grundsätzlich ein „erfolgreiches System“ ist und wird.

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