NZ-Dialog: Hitzige Diskussion über den Nahostkonflikt

26.2.2018, 05:47 Uhr
NZ-Dialog: Hitzige Diskussion über den Nahostkonflikt

© Roland Fengler

"Ist Jerusalem Israels Hauptstadt? Israelis, Palästinenser, der Zeitgeist und Donald Trump", so lautet das Thema zu dem André Freud und Mustafa Eljojo diskutieren. Freud ist Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft für Nürnberg und Mittelfranken. Sein Pendant auf dem Podium ist Vorsitzender der Islamischen Gemeinde in Nürnberg und hat selbst 30 Jahre im Gazastreifen gelebt. Kein Wunder also, dass beide sehr unterschiedliche Sichtweisen auf die Geschehnisse im Nahostkonflikt haben.

"Trump hat eine Binsenweisheit ausgesprochen, als er Jerusalem zu Israels Hauptstadt erklärt hat", meint André Freud gleich zu Beginn. Ganz anders wirkte die Aussage des US-Präsidenten auf Mustafa Eljojo: "Ich verspüre deswegen vor allem Enttäuschung und Sorge. Und ich fühle mich dadurch auch ausgegrenzt." Traditionell sehen die Palästinenser Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines zukünftigen Palästinenserstaates. Trump hatte im Dezember 2017 aber die gesamte Stadt den Israelis zugesprochen.

Politischen Zündstoff gibt es also einmal mehr reichlich in der Region. Umso bemerkenswerter ist es, wie fair die Diskutanten auf dem Podium des NZ-Dialogs ihre Argumente austauschen. Hart in der Sache, respektvoll im Ton. "Vielleicht können wir ein paar Leuten zeigen, dass es nicht schadet, wenn man miteinander spricht", sagt André Freud. "Es ist ein politischer Konflikt. Wichtig ist, dass wir dennoch respektvoll miteinander reden", ergänzt Eljojo. Eine Atmosphäre, die sich auf das Publikum im mit rund 300 Besuchern prall gefüllten Saal des Caritas-Pirckheimer-Hauses überträgt. Obwohl – das zeigt spätestens die an die moderierte Debatte anschließende Fragerunde – die Meinungen auch unter den Zuhörern weit auseinandergehen. Einige sehen das zentrale Friedenshindernis im Hass der Palästinenser auf Israel, andere werfen der Regierung Netanjahu vor, mit ihrer Siedlungspolitik den Konflikt anzuheizen.

Hass in den Schulen geschürt?

Die wachsende Zahl der Siedlungen im Westjordanland beurteilt auch André Freud kritisch: "Neue Siedlungen sind keine gute Entscheidung. Aber diese Frage wird den Friedensprozess nicht entscheiden", meint er. Den Palästinensern wirft er stattdessen vor, den Hass gegenüber Israel schon in der Schule zu schüren: "Julius Streicher würde sich über die palästinensischen Schulbücher freuen", wettert er. Mustafa Eljojo bestreitet das: "Als ich in die Schule gegangen bin, waren die Bücher in Ordnung", entgegnet er.

Harsche Kritik übt Freud auch an den Vereinten Nationen, deren Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNWRA) Geld bereitstelle, damit die Autonomiebehörde Renten an Hinterbliebene von Selbstmordattentätern ausbezahle. Dass Donald Trump entschieden hat, die Zahlungen an die UNWRA zu kürzen, hält er für richtig: "Das kann den Friedensprozess unterstützen." Wie das dann verschärfte Leid der palästinensischen Flüchtlinge im Nahen Osten den Friedenswillen in der palästinensischen Bevölkerung erhöhen soll, erklärt er allerdings nicht.

Eigeninitiative zeigen

Trotz aller Kontroversen finden die Diskutanten auch einen Ansatz, wie der Konflikt entspannt werden könnte. "Vielleicht ist es möglich, dass sich Großmächte, die selbst in der Region wenig Interessen haben, mit Israelis und Palästinensern an einen Tisch setzen", schlägt André Freud vor. Bedenkenswert findet Mustafa Eljojo das, "allerdings braucht es auf beiden Seiten auch Eigeninitiative, um den Konflikt zu lösen", fügt er hinzu.

Immerhin ein kleiner gemeinsamer Nenner. Das gefällt auch Heja Istokorky. "Es ist schön, dass hier Menschen mit ganz unterschiedlichen Positionen friedlich und respektvoll miteinander diskutieren", lobt der Jurastudent. Gemeinsam mit einem Freund hat er die Diskussion aufmerksam verfolgt. "Man hätte aber noch mehr über das massive Machtungleichgewicht zwischen Israel und Palästina sprechen müssen – das kam mir zu kurz." Heja Istokorky ist kurdischer Abstammung, sein Bekannter Türke. Freundschaft zwischen verfeindeten Volksgruppen – zumindest im Kleinen kann sie also gelingen.

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