Parteitag in Hirschaid: Grüne auf der Suche nach dem Kurs

6.5.2018, 19:27 Uhr
Sucht zusammen mit seiner Partei eine gemeinsame Linie für die Landtagswahl: Spitzenkandidat Ludwig Hartmann.

© Andreas Gebert /dpa Sucht zusammen mit seiner Partei eine gemeinsame Linie für die Landtagswahl: Spitzenkandidat Ludwig Hartmann.

Bayerns Grüne sind selbstbewusst in den Wahlkampf gestartet. Doch auf dem Parteitag am Wochenende im oberfränkischen Hirschaid (Landkreis Bamberg) war auch immer ein Thema präsent: Was passiert eigentlich, wenn bei der Landtagswahl am 14. Oktober die absolute Mehrheit der CSU fällt? Stehen die Grünen als Koalitionspartner bereit? Spitzenkandidat Ludwig Hartmann betonte: "Die Menschen haben Hoffnung, die Grünen als Gestalter zu sehen." Seine Botschaft: Grundsätzlich stehe man für eine Koalition zur Verfügung - aber nicht um jeden Preis. Wer nur einen Mehrheitsbeschaffer suche, müsse sich an andere Parteien wenden. "Es geht darum, welche Politik die nächste Regierung verfolgt."

Grüne in der Regierung werde es nur geben, wenn sie zu Zielen wie Erhalt der Lebensgrundlagen und soziale Gerechtigkeit stehe. Man stehe nur für eine Koalition zur Verfügung, wenn sich die Politik in Bayern "zum Guten" ändere. Dass Hartmann ernsthaft mit einer Koalition mit den Christsozialen liebäugelt, ist immer wieder deutlich geworden. Zuletzt konterte er im sozialen Netzwerk Facebook, als Bundestags-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt eine Koalition der Grünen in Bayern mit der CSU ausschloss: "Nichts für ungut, aber das entscheiden wir schon selbst, liebe Katrin", schrieb Hartmann.

"Wir wollen in Bayern gestalten. Unsere Ideen sollen umgesetzt werden", sagte Landeschefin Sigi Hagl am Sonntag in Hirschaid. "Die Ausgangslage ist gut."

Dass eine mögliche Koalition mit der CSU bei der Basis nicht unumstritten ist, wurde bei einigen Wortbeiträgen der Delegierten deutlich: Da wurde für ein Bündnis jenseits der CSU geworben und deutlich gemacht, dass rote Linien gezogen werden müssten, um die eigenen Anhänger nicht zu verprellen.

Spitzenkandidatin Katharina Schulze blieb am Wochenende allgemeiner, betonte aber auch die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen: "Ich bin nicht in die Politik gegangen, um am Spielfeldrand zu stehen." Aber jetzt gehe es nur um den Wahlkampf - und der sei "grün pur". Wichtig seien die Themen - etwa die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Sie warb für ein liberales Bayern: "Weltoffenheit hat noch nie jemanden einsam gemacht."

Umfrage sieht die Grünen als zweitstärkste Partei in Bayern

Eine am vergangenen Mittwoch veröffentlichte Umfrage von Infratest dimap sieht die Grünen bei 14 Prozent. Die Partei wäre damit zweitstärkste Kraft hinter der CSU, die keine absolute Mehrheit mehr erreichen würde. Doch die Grünen müssen sich nach dem Parteitag fragen lassen, wo denn überhaupt die Schnittmengen mit der CSU sein sollen. Ob Umweltschutz, Innenpolitik, Umgang mit Flüchtlingen, Verkehrspolitik - die Attacken auf die Christsozialen waren heftig, die programmatischen Gegensätze sind groß.

Scharf kritisierte Schulze zum Beispiel die Kreuz-Verordnung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU): "Christliche oder religiöse Symbole für Wahlkampfzwecke zu missbrauchen, ist schäbig." Söder und sein Kabinett hatten beschlossen, dass in allen öffentlichen Gebäuden des Freistaats ein Kreuz aufgehängt werden muss - und damit auch bei Kirchenvertretern heftige Kritik hervorgerufen.

Schulze schimpfte auch auf den "Überwachungswahn" der CSU und rief die Bürger dazu auf, gegen das neue Gesetz der Staatsregierung, das die Polizei-Kompetenzen im Freistaat deutlich ausweitet, zu protestieren: "Wir gehen nicht gegen die Polizei auf die Straße, gehen gegen die CSU auf die Straße." Auch gegen die von der CSU forcierten Grenzkontrollen müsste man sich wehren: "Wir lassen uns unser Europa nicht kaputtmachen."

Die Bundesvorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, stimmte ihre bayerischen Parteikollegen auf den Landtagswahlkampf ein. "Ihr seid bereit für eine andere Politik in Bayern, und die ist dringend, dringend nötig", hob sie hervor. Es gehe darum, ein "grünes, weltoffenes Bayern" zu schaffen.

Zumindest ein Fahrplan steht schon fest, sollte das Wahlergebnis am 14. Oktober so ausfallen, dass die Grünen als Koalitionspartner infrage kommen: Der Parteitag einigte sich darauf, über einen möglichen Koalitionsvertrag auf einem Parteitag abstimmen zu lassen. Für eine schriftliche Urwahl bleibt keine Zeit - laut bayrischer Verfassung muss vier Wochen nach der Wahl eine Regierung stehen.

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