Proteste in Frankreich beeinträchtigen Atomkraftwerke

26.5.2016, 15:22 Uhr
Mit brennendem Material blockieren die Demonstrierenden die Eingänge der AKWs.

© dpa Mit brennendem Material blockieren die Demonstrierenden die Eingänge der AKWs.

Die wütenden Proteste gegen eine in Frankreich geplante Arbeitsmarktreform machen auch vor den Atomkraftwerken des Landes nicht Halt. An allen 19 AKW-Standorten wurde am Donnerstag gestreikt, wie Marie-Claire Cailletaud von der Gewerkschaft CGT angab. Zwölf Meiler hätten in der Nacht ihre Stromproduktion zurückgefahren, sagte Cailletaud im Sender RMC.

Der Energieversorger EDF sprach von einer Streikbeteiligung von knapp unter zehn Prozent in der Nacht und am Morgen. "Die Produktion für unsere Kunden ist gesichert", versicherte eine EDF-Sprecherin. Zu Spannungsabfällen wollte sie sich nicht äußern. EDF betreibt sämtliche Atomkraftwerke in Frankreich, die bisher 75 Prozent des Strombedarf im Land liefern.

20 bis 30 Prozent der Tankstellen sind schlecht versorgt

Gewerkschafter setzten ihre Proteste auch mit Straßenblockaden an Treibstoffdepots fort. In weiten Teilen des Landes gab es Demonstrationen und Aktionen, wie Behörden und Medien berichteten. Nach tagelangen Streiks und Blockaden, die Versorgungsengpässe an vielen Tankstellen ausgelöst haben, wollten die Gegner des Gesetzes mit einem nationalen Aktionstag den Druck auf die Regierung weiter erhöhen. In Paris und zahlreichen weiteren Städten waren Kundgebungen angekündigt, auch im Bahnverkehr und am Flughafen Paris-Orly kam es wegen Streiks zu Störungen.

Premierminister Manuel Valls kritisierte die Blockaden von Treibstoffdepots als unverantwortlich. "Diese Situation kann unserer Wirtschaft schaden", sagte er im Sender BFMTV. Die Regierung werde weiterhin Blockaden räumen lassen. Laut Valls sitzen 20 bis 30 Prozent der Tankstellen auf dem Trockenen oder haben Schwierigkeiten. Im besonders betroffenen Nordwesten hatte sich die Versorgungslage nach Angaben der Behörden zuletzt etwas entspannt. Die zuständige Präfektur kündigte an, die Treibstoff-Rationierungen dort sollten aufgehoben werden. Autofahrer durften in der Region in den vergangenen Tagen nur begrenzte Mengen Benzin oder Diesel tanken.

Schäuble unterstützt die geplanten Reformen

Angesichts der Proteste deutete Regierungschef Valls mögliche Nachbesserungen am Gesetzestext an. "Es kann immer Veränderungen, Verbesserungen geben", sagte der Premierminister. Es stehe aber außer Frage, die Philosophie des Textes zu ändern. Der Streit um die Reform hat sich zu einem der härtesten politischen Konflikte der vergangenen Jahre in Frankreich entwickelt. Seit Monaten protestieren Gewerkschaften gegen die Regierungspläne, die das Arbeitsrecht flexibler machen sollen, um Unternehmen die Schaffung von Jobs zu erleichtern.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bescheinigte Frankreich trotz der Proteste Reformfähigkeit. Die Vorschläge der französischen Regierung seien richtig und notwendig, und dies meinten auch viele Andere wie der IWF und die EU-Kommission, sagte Schäuble in Berlin vor dem Verein der Auslandspresse. Frankreich sei ein großes Land sowie eine starke Demokratie und könne mit solchen Auseinandersetzungen leben. "Deswegen ist Frankreich nicht reformunfähig."

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