Resistenz gegen Antibiotika: Wir waren gewarnt

15.11.2017, 17:27 Uhr
Jeder weiß es, doch noch passiert nicht genug: Wenn Antibiotika weiterhin so locker eingesetzt werden, werden wir schon bald die Folgen deutlich zu spüren bekommen.

©  Friso Gentsch (dpa) Jeder weiß es, doch noch passiert nicht genug: Wenn Antibiotika weiterhin so locker eingesetzt werden, werden wir schon bald die Folgen deutlich zu spüren bekommen.

Wir waren gewarnt. Der vielleicht eindringlichste Appell vor der wachsenden Widerstandskraft der Bakterien stammt von der Weltgesundheitsorganisation aus dem Jahr 2014: "Das Problem ist so ernst, dass es die Errungenschaften der modernen Medizin bedroht." Alle Beteiligten müssten es also wissen: Ärzte, Pflegepersonal, Politiker, Landwirte und Patienten. Plötzlich wirkt das nächste Antibiotikum nicht mehr gegen ein Bakterium, das bisher in uns schlummerte.


Antibiotikaresistenz: Jetzt schlägt auch die EU Alarm


Chemotherapie, Organtransplantationen und Dialyse werden ebenso zur Gefahr wie das Einpflanzen von Herzklappen – weil das Immunsystem der Patienten durch den Angriff von innen so sehr geschwächt werden, dass sich der Körper nicht mehr gegen die eigenen Keime wehren kann.

Auch die Gegenmaßnahmen sind bekannt: Strikte Hygiene in den Kliniken und Praxen, zurückhaltende Verordnung von Antibiotika und eine deutliche behutsamere Verwendung dieser Präparate in der Tier- und Humanmedizin. Nur so kann die Weiterentwicklung der Bakterien verlangsamt, im Idealfall vielleicht sogar gestoppt werden.

Ein folgenschwerer Irrtum

Wenn wir aber so weitermachen und die Antibiotika in der Viehzucht nutzen, um billigeres Fleisch zu bekommen, oder Patienten zur leichteren Behandlung mit Breitband-Antibiotika vollstopfen, weil sich dadurch die Hygiene in Krankenhäusern etwas lockerer handhaben lässt, darf man sich nicht wundern, dass das Risiko wächst statt zurückzugehen. Es gibt Experten, die die breitflächige Verwendung dieser Arzneimittel für ein Dokument unserer Bequemlichkeit in vielen Lebensbereichen halten, weil man dadurch vieles einfacher und weniger kostspielig haben kann.

Es wird ein folgenschwerer Irrtum sein, den schon heute diejenigen zu spüren bekommen, bei denen kein Präparat mehr anschlägt. Dass sich die EU, die eigentlich für Gesundheitspolitik keine Zuständigkeit hat, dennoch einmischt, kann man nur begrüßen. Antibiotika werden über alle Grenzen hinweg eingesetzt und dann exportiert. Ob es nun der Bauer in Polen oder Skandinavien ist, der seine Fleischproduktion auf diese Weise ankurbelt oder in Italien, spielt keine Rolle. Die Bakterien in uns nehmen, was kommt. Und sie passen sich besser an als wir glauben.

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