Sarrazins Störfeuer sollten für SPD inakzeptabel sein

18.12.2018, 08:27 Uhr
Sieht sich einmal mehr deutschlandweiter Kritik ausgesetzt: Thilo Sarrazin.

© dpa Sieht sich einmal mehr deutschlandweiter Kritik ausgesetzt: Thilo Sarrazin.

Die SPD kann jeden Kopf gebrauchen. In diesen trüben Tagen, da die Umfragen im Bund bei 15 Prozent vor sich hin dümpeln und in Bayern die Zehn-Prozent-Hürde gerissen worden ist, umso mehr. Leichtfertig sollte sich die Partei deshalb von keinem ihrer Mitglieder trennen.

Leicht hat es sich die SPD-Spitze im Umgang mit ihrem jahrzehntelangen Mitglied, dem höchst umstrittenen früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin, gewiss nicht gemacht. Es war eher ein — typisch sozialdemokratisch — quälend langer Prozess nötig, ehe sich der Parteivorstand dazu durchringen konnte, Sarrazin die Tür zu weisen.

Vorausgegangen waren zwei vergebliche Versuche sowie eine Kommission, die sich mit den Aussagen des Buchautors Sarrazin beschäftigt hat. Viel Wirbel um einen Mann, viel Öffentlichkeit für dessen umstrittene Thesen, könnten Kritiker des erneuten Rauswurf-Entschlusses nun einwenden. Diese Stimmen liegen tatsächlich nicht falsch. Und doch ist es richtig, mit harter Hand einem Parteimitglied, das die Geduld der SPD über Gebühr strapaziert hat, auf Wiedersehen zuzurufen.

Ein Gefährder

Immer wenn der Buchautor Sarrazin zur Feder greift, bewegt er sich auf dem äußerst schmalen Grat zwischen political correctness und populistischer Vereinfachung. Wohlgemerkt: Einen Totalabsturz konnte der eloquente und intelligente Ex-Bundesbanker bislang vermeiden. Ein Gefährder war und ist er dennoch — indem er vielleicht sogar den Grundkonsens dieser Gesellschaft infrage stellt, mindestens aber den kleinsten gemeinsamen Nenner "seiner" SPD.

Das Maß des Zumutbaren hat Sarrazin definitiv überschritten. Warum? Weil jeder, der es so verstehen will, aus seinen Veröffentlichungen herauslesen kann, dass Deutschland auf kurz oder lang zu "überfremden" droht.

"Feindliche Übernahme"

Und, dadurch werden die Thesen erst gefährlich, der Islam kurz vor einer "feindlichen Übernahme" (so lautet auch der Titel seines jüngsten Werkes) stehe. Damit schürt der Sozialdemokrat Sarrazin Angst. Und genau deshalb hat er in der SPD nichts verloren.

Deutschland, das weiß auch Herr Sarrazin, steht vor keiner Übernahme, Deutschland muss unheimlich viel Integrationsarbeit leisten. Bislang gibt es keinen Grund zur Annahme, dass dieser Weg zu scheitern droht.

Gerade für eine Partei, die sich soziale Gerechtigkeit und Integration an die Fahnen geheftet hat, sind Störfeuer aus den eigenen Reihen, wie Sarrazin sie mit unübersehbarer Lust immer wortgewaltiger abbrennt, inakzeptabel. Der SPD hat es sicherlich nicht an Toleranz gemangelt, vielmehr lässt Sarrazin genau diese Toleranz seit Jahren vermissen. Die Trennung ist deshalb der letzte und unvermeidliche Schlussstrich unter die gescheiterte Beziehung zwischen Thilo Sarrazin und der SPD.

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