Sieben Gründe: Darum sind die Jamaika-Sondierungen gescheitert

20.11.2017, 10:05 Uhr
Natürlich ist es Aufgabe der Politik, die Öffentlichkeit über den Stand der Verhandlungen zu informieren. Sie sollte auch Streitpunkte offenlegen. Aber diesmal konnte man meinen, die Jamaika-Sondierer hätten mehr Zeit vor Mikrofonen und in Talkshows verbracht als im Verhandlungszimmer. Jedenfalls gaben alle außer Angela Merkel sich ziemliche Mühe, öffentlich über die jeweils anderen herzuziehen. Es wäre klüger gewesen, sich vor den Mikrofonen zurückzuhalten - Verunglimpfungen machen es erfahrungsgemäß schwerer, Kompromisse zu finden.
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Öffentliche Kritik statt inhaltliche Annäherung

Natürlich ist es Aufgabe der Politik, die Öffentlichkeit über den Stand der Verhandlungen zu informieren. Sie sollte auch Streitpunkte offenlegen. Aber diesmal konnte man meinen, die Jamaika-Sondierer hätten mehr Zeit vor Mikrofonen und in Talkshows verbracht als im Verhandlungszimmer. Jedenfalls gaben alle außer Angela Merkel sich ziemliche Mühe, öffentlich über die jeweils anderen herzuziehen. Es wäre klüger gewesen, sich vor den Mikrofonen zurückzuhalten - Verunglimpfungen machen es erfahrungsgemäß schwerer, Kompromisse zu finden. © Michael Kappeler/dpa

Die Staatskasse füllt sich derzeit sehr gut, ständig werden die Prognosen für Konjunktur und Arbeitsmarkt besser. Im Bundeshaushalt zeichnet sich ein Überschuss von 14 Milliarden Euro ab. Das ist schön, verleitet aber leider auch zu überzogenen Wünschen - was die Sondierungen nicht einfacher gemacht hat.
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Viel finanzieller Spielraum

Die Staatskasse füllt sich derzeit sehr gut, ständig werden die Prognosen für Konjunktur und Arbeitsmarkt besser. Im Bundeshaushalt zeichnet sich ein Überschuss von 14 Milliarden Euro ab. Das ist schön, verleitet aber leider auch zu überzogenen Wünschen - was die Sondierungen nicht einfacher gemacht hat. © Jens Wolf/dpa

Die FDP hat die Jamaika-Sondierungen abgeblasen. An deren Scheitern trägt sie selbst allerdings erhebliche Mitschuld. Die FDP-Vertreter hatten solche Angst, über den Tisch gezogen zu werden, dass sie lieber gar kein gegenseitiges Vertrauen entstehen ließen. Nach vier Jahren in der Außerparlamentarischen Opposition und einer Koalition mit der Union, in der die Liberalen kein gutes Bild abgaben, war das vielleicht emotional verständlich. Professionell war es nicht.
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Die Angst der Liberalen

Die FDP hat die Jamaika-Sondierungen abgeblasen. An deren Scheitern trägt sie selbst allerdings erhebliche Mitschuld. Die FDP-Vertreter hatten solche Angst, über den Tisch gezogen zu werden, dass sie lieber gar kein gegenseitiges Vertrauen entstehen ließen. Nach vier Jahren in der Außerparlamentarischen Opposition und einer Koalition mit der Union, in der die Liberalen kein gutes Bild abgaben, war das vielleicht emotional verständlich. Professionell war es nicht. © Ralf Hirschberger/dpa

Die Jamaika-Sondierungen waren für Horst Seehofer eine Art politische Lebensversicherung. Im Hintergrund tobte der Kampf um seine Nachfolge. Jedem war klar, dass Seehofer sich nicht lange an der Macht wird halten können. Das schwächte ihn in den Sondierungen. Und es trieb wohl seine Getreuen (wie Generalsekretär Andreas Scheuer) dazu, besonders kompromisslos aufzutreten, während sie von den anderen Kompromisse verlangten.
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Machtkampf innerhalb der CSU

Die Jamaika-Sondierungen waren für Horst Seehofer eine Art politische Lebensversicherung. Im Hintergrund tobte der Kampf um seine Nachfolge. Jedem war klar, dass Seehofer sich nicht lange an der Macht wird halten können. Das schwächte ihn in den Sondierungen. Und es trieb wohl seine Getreuen (wie Generalsekretär Andreas Scheuer) dazu, besonders kompromisslos aufzutreten, während sie von den anderen Kompromisse verlangten. © dpa

Schon länger beharken sich die beiden Unionsparteien gegenseitig. Vorgeblich geht es um inhaltliche Fragen wie die Mütterrente oder die Flüchtlinge. Tatsächlich aber geht es um Machtspielchen. Die CSU will (nach der für sie desaströsen Bundestags- und der kommenden Landtagswahl) ihre sehr konservativen Wähler halten und der AfD am rechten Rand das Wasser abgraben. Deshalb hat sie sich noch stärker aufgeblasen. Die Union konnte also nicht als Einheit bei den Sondierungen auftreten, sondern wirkte wie ein zertrittenes Ehepaar - das hat sie zusätzlich geschwächt.
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Schwesternzoff zwischen CDU und CSU

Schon länger beharken sich die beiden Unionsparteien gegenseitig. Vorgeblich geht es um inhaltliche Fragen wie die Mütterrente oder die Flüchtlinge. Tatsächlich aber geht es um Machtspielchen. Die CSU will (nach der für sie desaströsen Bundestags- und der kommenden Landtagswahl) ihre sehr konservativen Wähler halten und der AfD am rechten Rand das Wasser abgraben. Deshalb hat sie sich noch stärker aufgeblasen. Die Union konnte also nicht als Einheit bei den Sondierungen auftreten, sondern wirkte wie ein zertrittenes Ehepaar - das hat sie zusätzlich geschwächt. © Daniel Karmann/dpa

Besonders zwischen FDP und Grünen sowie zwischen CSU und Grünen haben sich in den vergangenen Jahren Feindbilder eingebrannt, die bei den Sondierungen zeitweise für teils hasserfüllte Stimmung sorgten. Aber wer den anderen hasst, kann mit ihm nicht inhaltlich verhandeln - denn er gönnt ihm nichts. Dabei lebt erfolgreiches Verhandeln von Kompromissen.
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Feindbilder haben sich eingebrannt

Besonders zwischen FDP und Grünen sowie zwischen CSU und Grünen haben sich in den vergangenen Jahren Feindbilder eingebrannt, die bei den Sondierungen zeitweise für teils hasserfüllte Stimmung sorgten. Aber wer den anderen hasst, kann mit ihm nicht inhaltlich verhandeln - denn er gönnt ihm nichts. Dabei lebt erfolgreiches Verhandeln von Kompromissen. © Kay Nietfeld/dpa

Angela Merkel (CDU), als Kanzlerin noch geschäftsführend im Amt, ist auch persönlich gescheitert. Es war ihre Aufgabe, die Sondierungen zu leiten, zu moderieren, auch Interessen auszugleichen. Das hat sie nicht geschafft. Stattdessen verloren sich die Verhandlungspartner in Details, ständig sickerte ein neues Problem an die Öffentlichkeit. Von einem gemeinsamen Auftreten als künftige Partner: keine Spur.
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Merkel hat schlecht moderiert

Angela Merkel (CDU), als Kanzlerin noch geschäftsführend im Amt, ist auch persönlich gescheitert. Es war ihre Aufgabe, die Sondierungen zu leiten, zu moderieren, auch Interessen auszugleichen. Das hat sie nicht geschafft. Stattdessen verloren sich die Verhandlungspartner in Details, ständig sickerte ein neues Problem an die Öffentlichkeit. Von einem gemeinsamen Auftreten als künftige Partner: keine Spur. © dpa

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