Sondergipfel zum Brexit: Schlussrechnung nach 40 Jahren

29.4.2017, 15:55 Uhr
Der Brexit soll für die Briten teuer werden - zumindest, wenn sich die übrigen EU-Staaten in den Verhandlungen durchsetzen.

© dpa Der Brexit soll für die Briten teuer werden - zumindest, wenn sich die übrigen EU-Staaten in den Verhandlungen durchsetzen.

Die Linie der Europäischen Union für die Brexit-Verhandlungen mit London steht. Ohne Debatte billigten die 27 bleibenden EU-Staaten bei einem Sondergipfel einstimmig die Verhandlungsleitlinien, wie EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker über Twitter mitteilten.

Bundeskanzlerin Angela Merkel machte deutlich, dass die EU vor allem im Streit über die Schlussrechnung für Großbritannien hart bleiben will. Die finanziellen Dinge müssten geklärt sein, bevor über die Beziehungen nach dem EU-Austritt des Vereinigten Königreichs gesprochen werde, sagte Merkel kurz vor Beginn des Gipfels. Gleichzeitig betonten Merkel und etliche ihrer Kollegen, dass sie auch künftig gute und enge Beziehungen zu London wollten.

Die britische Regierung hatte Ende März offiziell den Austritt aus der EU beantragt. Darüber soll nach den britischen Parlamentswahlen ab Juni verhandelt und bis März 2019 ein Abkommen geschlossen werden. In den nun verabschiedeten Verhandlungs-Leitlinien wird gefordert, dass zunächst die Bedingungen der Trennung und erst danach die neuen Beziehungen besprochen werden. Die EU hofft auf ein Zwischenergebnis bis zum Herbst.

Rechte der EU-Bürger im Vordergrund

Merkel sagte, vordringliche Themen seien die künftigen Rechte der EU-Bürger in Großbritannien und der Briten in der EU, aber auch finanzielle Dinge. "Die gehören für uns zu den Trennungsfragen sehr eindeutig dazu", sagte die Bundeskanzlerin.


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Kommissionspräsident Juncker bestätigte "vorsichtige Einschätzungen", dass es um bis zu 60 Milliarden Euro geht. Er legte aber Wert darauf, dass diese Summe noch keine "Forderung" an Großbritannien sei. Über die Schlussrechnung nach über 40 Jahren EU-Mitgliedschaft dürfte es in den Brexit-Verhandlungen Streit geben. Dazu zählen Haushaltsverpflichtungen, Zusagen gegenüber EU-Institutionen sowie Pensionskosten für Beamte und etliches mehr. Die britische Regierung lehnt es ab, nach dem Brexit weiter große Summen an die EU zu überweisen.

Die EU versucht, vor den Brexit-Verhandlungen gegenüber London geschlossen aufzutreten und eine einheitliche Position zu wahren. Gleichzeitig sendet sie auch versöhnliche Signale. So sagte EU-Ratspräsident Tusk: "Wir alle wollen für die Zukunft eine enge und starke Beziehung mit dem Vereinigten Königreich, daran gibt es nicht den geringsten Zweifel."

Merkel sagte: "Wir wollen auch in Zukunft gute Beziehungen zu Großbritannien, aber wir wollen auch als 27 unsere Interessen gemeinschaftlich vertreten. Das ist bislang extrem gut gelungen."

Der französische Präsident François Hollande sagte, es gehe nicht darum, Großbritannien für den Austritt zu bestrafen, aber: "Das Vereinigte Königreich wird künftig schlechtere Bedingungen haben als heute als EU-Mitglied." An die 27 bleibenden EU-Mitglieder appellierte er: "Es geht um die Einheit Europas." Auch die Franzosen "können nur gewinnen, wenn sie in Europa bleiben", sagte er mit Blick auf die französische Präsidentschaftswahl am 7. Mai. Hollande tritt nicht noch einmal an, es war sein letzter EU-Gipfel im Amt.

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