SpVgg: Altmodisch nach oben

18.4.2012, 12:30 Uhr
SpVgg: Altmodisch nach oben

© Winckler

Borussia Dortmund war 1997 Champions-League-Sieger, 2005 fast pleite und 2011 wieder Deutscher Meister. Der 1. FC Köln, die Berliner Hertha, der FCN natürlich auch, Alemannia Aachen, 1860 München und so weiter – die Liste der Clubs, deren Erfolgskurven von Ausschlägen gekennzeichnet sind, die jedes EKG sprengen würden, ist fast so lang wie die Tabelle der Ersten und Zweiten Bundesliga zusammen. Im Grunde beherrscht seit Dekaden nur der FC Bayern München die Kunst, immer ziemlich weit oben zu schwimmen. Und ein bisschen auch das Kleeblatt.



In einem Geschäft, das in der öffentlichen Wahrnehmung allen anderen Sport überstrahlt wie Flutlicht eine 15-Watt-Glühbirne, sind Extreme Teil der Show. Ohne das galoppierende Unvermögen, mit dem vielerorts das Geld aus dem Fenster geworfen wurde und wird, wäre das Treiben der Helden in kurzen Hosen wohl nur halb so unterhaltsam. Profi-Fußball begeistert die Menschen, gerade weil er oft grotesk unvernünftig erscheint.

Begrenztes Risiko

In Fürth schien in den 15 Jahren, die seit der Rückkehr des Kleeblatts in die Zweite Bundesliga ins Land gegangen sind, relativ selten etwas unvernünftig. Gut, einmal glaubte Vereinspräsident Helmut Hack mit Thomas Kost ein junges TrainerTalent entdeckt zu haben, womit er weder sich noch Kost einen Gefallen tat; einmal holte man in der Winterpause den schon etwas tattrigen Ex-Nationalspieler Jörg Albertz aus China zurück; und natürlich haben auch die Fürther in ihren Zeiten als Durchlauferhitzer, in denen jedes Jahr ein Dutzend Spieler angeworben und weggeschickt wurde, nicht nur potenzielle Messis verpflichtet. Wer kennt heute noch Dejan Kelhar, Diego Viana oder Dennis Dourandi?



Doch im Gegensatz zum Gros seiner Amtskollegen riskierte Hack in der Spielerlotterie niemals zu viel. Mit dem gravierenden Unterschied, dass er nie Stars kaufen konnte, die noch voll im Saft standen, wirtschaftete Hack im Kleinen so nachhaltig wie Uli Hoeneß beim FC Bayern im Großen. Das wirkte oft langweilig, aber am Ende des Jahres standen verlässlich schwarze Zahlen. Und zur jeweils neuen Saison präsentierte das Kleeblatt eine konkurrenzfähige Elf. Immer wieder.

Kluge Personalpolitik

Den Durchbruch vom vermaledeiten Platz fünf zum Aufstieg brachte letztlich die Entscheidung, die wirtschaftlichen Grundsätze auf den sportlichen Bereich zu übertragen. Spätestens seit Mike Büskens Trainer ist, herrscht auch in Sachen Personalplanung Konstanz, wurde die Mannschaft nur noch punktuell ergänzt. Eigengewächse wie Stephan Schröck, Edgar Prib, Sercan Sararer und Felix Klaus reiften Seite an Seite mit früh entdeckten Erwerbungen wie Bernd Nehrig, Stephan Fürstner, Christopher Nöthe und Max Grün zu überdurchschnittlichen Zweitligaprofis. Mit Heinrich Schmidtgal, Mergim Mavraj, Olivier Occean und Rückkehrer Thomas Kleine bauten Büskens und sein Team in den vergangenen zweieinhalb Jahren geschickt die letzten Mosaiksteine ins Team ein.

Das Ergebnis ist athletischer, feiner und durchdachter, ja begeisternder Fußball. Ein Jahrhundert nach Erfindung des legendären Fürther Flachpasses und ein halbes Jahrhundert nach Verpassen der damals neu gegründeten Bundesliga darf sich der einst strahlendste Club des Deutschen Reiches wieder mit den Besten im Land messen.

So deutlich wie nie lassen vergleichsweise arme Fürther manchen vergleichsweise reichen Konkurrenten hinter sich. Nicht nur Fußballfreunde dürfen das als Mut machenden Aspekt dieser Erfolgsgeschichte werten: Fleiß, Beharrlichkeit und Kompetenz können finanzielle Nachteile wettmachen. Das klingt altmodisch, aber schön.

 

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