Trauer um Henning Mankell in Europa und Afrika

6.10.2015, 10:53 Uhr
Trauer um Henning Mankell in Europa und Afrika

© Mario Kreß

Den meisten Lesern ist er als Erfinder von Kommissar Kurt Wallander bekannt. Der etwas tapsige, mürrische und scharfsinnige Polizist löste die düsteren, furchtbaren Mordfälle mit Teamgeist, Nachdenklichkeit und Kombinationsvermögen. Für das Fernsehpublikum verkörperte Wallander die schwedische Mentalität, Touristen kommen auch wegen der literaischen Figur ins südschwedische Ystad. Mankell war der Bekannteste und Erfolgreichste aus der Riege skandinavischer Krimiautoren um Stieg Larsson, Hakan Nesser, Jo Nesbo, oder Jussi Adler-Olsen. „Der Chinese“, „Die falsche Fährte“, „Mittsommermord“, „Die Rückkehr des Tanzlehrers“ oder „Der Feind im Schatten“ zählten zu seinen meistgelesenen Titeln.

 Doch der gebürtige Stockholmer war deutlich vielschichtiger als seine Kollegen: Mankell konnte nicht nur verwickelte, grausame Krimis schreiben. Er hatte einen sehr engen Bezug zu Afrika, seiner „zweiten Heimat“: Der Opernfan führte als ehrenamtlicher Intendant und Regisseur das „Teatro Avenida“ in Mosambik. In den letzten beiden Jahrzehnten verbrachte er viel Zeit in Maputo und probte mit seinem 70-köpfigen Ensemble.

„Der Chronist der Winde“, eines seiner anrührendsten Werke, berichtet von den letzten Lebenstagen Nelios, eines angeschossenen, zehnjährigen Straßenkinds. Etliche Romane spiegeln den Alltag von afrikanischen Straßenkindern und ehemaligen Kindersoldaten, ihr Leid und ihre Perspektivlosigkeit wider.

Afrika als zweite Heimat

„Die größte Angst, die Menschen haben, ist die Angst zu sterben.“ Diesen Satz notierte Henning Mankell in seinem Buch „Treibsand“, das jetzt auf Deutsch erschienen ist. Der Schwede, dessen Werke eine Gesamtauflage von über 40 Millionen Exemplare erreicht haben, litt an Krebs. Der Autor schrieb in einer regelmäßigen Zeitungs-Kolumne gegen die Urangst vor dem Tod an: Es war seine Methode, mit dem Wissen um die eigene Vergänglichkeit umzugehen.

Er hatte „Treibsand“ eigentlich schon abgeschlossen, als er die erschütternde Krebsdiagnose bekam. Daraufhin überarbeitete er das Werk nochmal. In vielen kurzen Kapiteln wirft Mankell Schlaglichter auf das Leben. Er schrieb sehr privat über Gefühle: Erleichterung, Niedergeschlagenheit, Neugier, Lebenslust, Orientierungslosigkeit — alles, was ihn in seinem Alltag umtrieb.

Trauer um Henning Mankell in Europa und Afrika

© Foto: Reuters

Mankell war ein politisch denkender Autor, der auch in der schwedischen 68er-Bewegung aktiv war, sich gegen Vietnamkrieg und Apartheid in Südafrika engagierte und in umstrittenen Äußerungen zur Politik Israels gegenüber den Palästinensern Stellung nahm. Der Ehemann von Eva Bergman, der Tochter des Filmregisseurs Ingmar Bergman, war ein kritischer, politischer Kopf.

 In Mosambik habe er gelernt, wie man vernünftig mit dem Tod umgeht, erklärte er in einem seiner letzten Interviews. Daher habe er nun auch keine Angst mehr: „Ich habe ein längeres Leben gehabt, als es sich die meisten Menschen auf dieser Welt erträumen können. Es war ein fantastisches Leben. Ich bin am Ende meines Weges angekommen.“

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