Türken fühlen sich hier wohl

27.6.2016, 08:00 Uhr
Türken fühlen sich hier wohl

© Sebastian Widmann/dpa

Die gute Nachricht zuerst: Die überwältigende Mehrheit der Menschen türkischer Herkunft (90 Prozent) fühlt sich in Deutschland wohl. Sie und der Rest der Republik werden einander immer ähnlicher. Sie sprechen zunehmend die gleiche Sprache: Deutsch. Und sie nähern sich auch in der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau stetig an. Die Unterschiede in puncto Bildung und Arbeit werden allmählich kleiner.

Und jetzt die schlechte Nachricht: Beim Thema Islam finden beide Seiten einfach nicht zusammen. Eine aktuelle Studie der Universität Münster stellt fest: Viele Muslime mit türkischen Wurzeln haben das Gefühl, sie selbst und ihre Religion würden von der Mehrheit der Deutschen nicht anerkannt. Und zumindest, was die Religion angeht, liegen sie auch nicht ganz falsch.

Deutsche sehen Fanatismus

Denn 82 Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung verbinden den Islam vor allem mit der „Benachteiligung der Frau“. 72 Prozent denken, wenn sie „Islam“ hören, gleich an „Fanatismus“, 64 Prozent an „Gewaltbereitschaft“. „Friedfertigkeit, Achtung der Menschenrechte, Solidarität und Toleranz“ assoziieren dagegen nur jeweils weniger als 9 Prozent der Nichtmuslime mit dem Islam. Das hat natürlich viel mit dem Terror von Gruppen wie Al Kaida und IS zu tun, auch wenn die überwiegende Mehrheit der Muslime diesen ablehnt.

Was auch immer die Ursachen sind: Das Islambild der Gesamtgesellschaft steht dem Bild, das die aus der Türkei stammenden Muslime von ihrer Religion haben, diametral entgegen. Nur 18 Prozent von ihnen verbinden den Islam mit Fanatismus. 65 Prozent der von Emnid im Auftrag der Universität befragten Deutschtürken nennen die Friedfertigkeit als typisches Merkmal ihrer Religion.

Was kann man da tun? „Hier haben wir wirklich einen Konflikt“, warnt der Leiter der Untersuchung, der Religionssoziologe Detlef Pollack. Er sagt, „dass wir dieses Gefühl der Nichtanerkennung ernst nehmen müssen“. Die Deutschtürken sollten sich selbstkritischer als bisher „mit den fundamentalistischen Tendenzen in den eigenen Reihen auseinandersetzen“.

Anders als Katholiken?

Doch wie misst man „Fundamentalismus“? Emnid fragte zum Beispiel, ob sie dem Satz „Es gibt nur eine wahre Religion“ zustimmen. Etwa die Hälfte sagte „Ja“. Doch ist das ein Indiz für ein „islamisch-fundamentalistisches Weltbild“ oder sind jene, die zustimmen, vielleicht nur einfach besonders religiös? Und würden gläubige Katholiken anders antworten?

Toleranz zu messen ist da schon leichter: 80 Prozent der befragten Deutschtürken beschrieben ihre persönliche Haltung zu Christen positiv. Atheisten bekommen von ihnen weniger Pluspunkte. 49 Prozent sehen die Andersgläubigen sehr positiv oder eher positiv. 27 Prozent haben ein negatives Bild von Atheisten.