Über 71.000 offene Asylverfahren: Bamf verpasst Ziele

22.12.2017, 18:06 Uhr
Weiterhin liegen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tausende unbearbeitete Asylanträge.

© dpa Weiterhin liegen beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge tausende unbearbeitete Asylanträge.

So waren zum 18. Dezember immer noch 25.779 Verfahren offen, die aus 2016 oder früheren Jahren stammen, zudem noch 45.677 Verfahren aus dem aktuellen Jahr. Somit waren 71.456 Verfahren noch nicht entschieden. Das geht aus einem internen E-Mail-Verkehr hervor, der den Nürnberger Nachrichten vorliegt.

Ursprünglich wollte das Bamf bis Jahresende die Marke von 50.000 knacken. Dieses Ziel hatte Bamf-Präsidentin Jutta Cordt erst im Herbst vorgegeben. Das sei nun nicht mehr zu erreichen, heißt es in dem Mailverkehr. Zu Jahresbeginn waren noch über 430.000 Asylfälle nicht entschieden gewesen, hinzu kamen 2017 rund 200.000 Neu-Anträge. Insgesamt wurden im laufenden Jahr bis Mitte Dezember nach Informationen der Nürnberger Nachrichten über 586.000 Verfahren entschieden.

Stärkere Trennung zwischen Anhörung und Entscheidung

Das Asylamt hat sich nun einen neuen Stichtag für das Erreichen der Zielmarke gesetzt, in einer Leitungsrunde wurde konkret der Stichtag 12. Januar 2018 genannt. Das zeigt ein Protokoll, das den Nürnberger Nachrichten vorliegt. Um diese Vorgabe zu erreichen, setzt das Amt verstärkt auf eine Trennung von Anhörung und Entscheidung. So wurden Mitarbeiter nach NN-Informationen angewiesen, entscheidungsreife Akten auf den so genannten "Marktplatz" abzugeben. Hier kann sich jeder Entscheider, der Kapazitäten hat, bedienen und nach Aktenlage eine Asylentscheidung treffen. Dieses Vorgehen war unter dem früheren Bamf-Leiter Frank-Jürgen Weise forciert worden.

Menschenrechtsverbände, aber auch Politiker verschiedener Parteien kritisieren, eine solche Trennung führe immer wieder zu Fehlentscheidungen - denn der unmittelbare persönliche Eindruck, der im Asylverfahren so wichtig sei, gehe verloren. Bamf-Präsidentin Jutta Cordt hatte daraufhin mehrfach versprochen, wieder zu der Einheit zurück zu kehren. Eine Sprecherin der Behörde erklärte auf Anfrage, das Bundesamt strebe grundsätzlich die Einheit von Anhörer und Entscheider im Asylverfahren an. Für bestimmte Konstellationen behält sich das Bamf jedoch weiterhin die Trennung vor, um flexibel auf zukünftige Herausforderungen reagieren zu können. Dass das Asylamt seine gesetzten Ziele wieder verfehlt, wollte die Sprecherin nicht kommentieren: Ergebnisse für Dezember lägen noch nicht vor, sie würden erst Mitte Januar veröffentlicht. 

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