Videoüberwachung kommt uns teuer zu stehen

23.8.2017, 13:51 Uhr
Es ist nicht genau bekannt, wie viele Kameras in Deutschland im öffentlichen Raum montiert sind. In Bayern waren es 2012 über 17.000.

© Peter Kneffel/dpa Es ist nicht genau bekannt, wie viele Kameras in Deutschland im öffentlichen Raum montiert sind. In Bayern waren es 2012 über 17.000.

Joachim Herrmann ist ein versierter Wahlkämpfer und als solcher weiß er, welches Thema kurz vor dem Urnengang beim Wähler ankommt: Innere Sicherheit. Denn in Zeiten des Terrors steigt bei Bürgern das Bedürfnis nach einem starken Staat. Und so tourt der bayerische Innenminister und CSU-Spitzenkandidat mit einem Heilsversprechen durch die Lande: Videoüberwachung soll die Bürger gegen Terror und Kriminalität schützen.

Es ist nicht genau bekannt, wie viele Kameras in Deutschland im öffentlichen Raum montiert sind, aber es gibt einzelne Zahlen: Allein in Berlin sind über 15.000 Kameras installiert, in Bayern waren es Ende 2012 über 17.000 — heute dürften es deutlich mehr sein und dank der Herrmann'schen Offensive immer mehr werden. Auch die Deutsche Bahn setzt intensiv auf Überwachung: In 700 Bahnhöfen gab es 2016 rund 5000 Kameras, dazu 27.000 Kameras in Regional- sowie S-Bahnen. Die Städte Nürnberg und Fürth nehmen fünf Millionen Euro in die Hand, um die Videoüberwachung in U-Bahnstationen zu verdreifachen.

Doch die Effektivität dieser Maßnahmen ist sehr überschaubar. Kleinkriminalität mag durch den Einsatz von Videokameras durchaus zurückgehen; organisierte Banden werden sicherlich nicht an Orten tätig, die mit vielen Kameras bestückt sind. Doch dadurch verlagern sie ihre Taten wohl nur in andere Gegenden.

Bei Affekt-Taten - darunter fallen viele Gewaltdelikte - funktioniert die Abschreckung hingegen nicht. Und auch nicht bei den Taten, vor denen sich viele im Moment am meisten fürchten: Terroranschlägen. Kein Terrorist wird vor einer Attacke zurückschrecken, nur weil auf einem Platz viele Kameras montiert sind. Die Wucht eines Anschlags wird nicht geringer sein, und es wird auch nicht weniger Opfer geben.

Die Sicherheit, die Kameras vorgaukeln, ist daher vor allem eine trügerische. Doch dafür muss jeder einen Preis bezahlen: Ein Mensch und seine Wege sind jederzeit rekonstruierbar, seine Daten werden gesammelt und für einen gewissen Zeitraum archiviert. Ein Mehr an (gefühlter) Sicherheit kostet eben immer ein Stückchen Freiheit. Und das ist doch genau das, was Terroristen erreichen wollen.

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