Warum auch Behörden Facebook und Twitter nutzen sollten

6.3.2015, 13:50 Uhr
Warum auch Behörden Facebook und Twitter nutzen sollten

© Barbara Zinecker

An ihrem ersten Tag auf Facebook, da legt sich die Bundesregierung – in Person von Angela Merkel - ordentlich ins Zeug: Der Kanzler-Airbus setzt sanft auf der Landebahn auf, kurz darauf steigt Merkel leicht lächelnd die Gangway hinab, nur um wenig später in einem dunkelgrauen BMW im Vatikan vorzufahren. Händeschütteln mit Bischof Georg Gänswein, dann Privataudienz beim Papst. Und die Facebook-Gemeinde ist - zumindest in Videoausschnitten und Schnappschüssen - dabei.

Auch wenn es wenig Spektakuläres gibt, sehen wollen die Bilder tausende User: Innerhalb von nur fünf Tagen klicken über 35.000 Facebook-Nutzer bei der neuen Seite auf „Gefällt mir“ und werden somit auch künftig Informationen der Bundesregierung erhalten.

In den Kommentaren gibt es dafür Lob, Fragen, Anregungen. Und immer wieder ein „Warum nicht schon früher“: „Endlich entdeckt die Bundesregierung die neue, fremde Welt“, schreibt etwa ein User. Dabei ist sie in anderen sozialen Netzwerken schon länger unterwegs: Seit Jahren ergreift Angela Merkel auf einem You Tube-Kanal regelmäßig das Wort und Regie­rungssprecher Steffen Seibert twittert eifrig.

Behörden sind bei Twitter und Co noch zurückhaltend

Doch noch sind Behörden und Ämter in sozialen Netzwerken recht zurückhaltend: Von den 14 Bundesministerien sind nur sechs auf Facebook. Bei den 88 Bundesbehörden ist weniger als ein Viertel in sozialen Medien aktiv: 15 bei Twitter, je zwölf bei Facebook und in anderen Netzwerken.  „Dabei lohnt sich in den allermeisten Fällen ein Auftritt in den sozialen Netzwerken“, glaubt Christiane Germann. Die 35-Jährige arbeitet als Social-Media-Managerin beim Nürnberger Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) und berät auch andere Ämter und Kommunen.

Zumindest ein Facebook-Profil sei sinnvoll: Etwa ein Drittel der Deutschen ist hier angemeldet, die Reichweite kann entsprechend groß sein. Zudem werden Zielgruppen erreicht, die man mit den neuesten Veröffentlichungen im Amtsblatt nie ansprechen würde. Und man kann ungefiltert Meldungen, Nachrichten und Filmchen verbreiten. Also ordentlich PR machen.

Doch ohne Konzept sollte sich niemand in die Twitter- und Facebook-Welt stürzen. Denn nicht alles, was veröffentlicht wird, wird von den Usern goutiert. „Nur eine Pressemitteilung einzustellen bringt wenig“, sagt Germann. Bei Facebook suchen die Menschen ein wenig Zerstreuung, bei Twitter ist das Publikum in der Regel seriöser, der Umgangston auch. Selbst Instagram, eine Plattform, in der nur Bilder gepostet werden, kann von Behörden genutzt werden.

Nürnberg als Vorbild

Die Stadt Nürnberg ist bei Instagram sehr aktiv, zeigt täglich eine andere Facette: Mal die ersten Krokusse, die in den Parks sprießen, mal ein besonders schönes Bild der Kaiserburg. Abonniert haben das immerhin über 3500 Menschen. Nur Spielereien, die unnütz Zeit kosten und Personal bin­den? Nein, sagt Christiane Germann. Die sozialen Netzwerke können das Behörden-Image als angestaubter Einbahn-Kommunikator aufpolieren. „Viele Menschen sind überrascht, wenn sie auf ihre gestellten Fragen schnell eine Antwort bekommen“, sagt Germann.

Doch darin liegt auch die Crux: Ein nur sporadisch bedienter Auftritt kann wiederum Sympathien kosten; das merkt jüngst die Stadt Chemnitz, die erst auf Twitter mehrere Fra­gen ignoriert, sich daraufhin manchen spöttischen Kommentar der Community gefallen lassen muss und sich schließlich öffentlich für ihre Lethargie entschuldigt.

Nicht umsonst fürchten sich viele Behörden vor einem sogenannten Shitstorm, bei dem sich der Unmut der Netzwelt über sie ergießt. Auch Christiane Germann hat mit dem Bamf einen solchen Sturm schon aushalten müssen: ein Mitarbeiter, kurzfristig von einer anderen Behörde ausgeliehen, postet auf der Facebook-Seite des Bundesamts einen rassistischen Kommentar, daraufhin erhebt sich eine Welle der Entrüstung.

„Da muss man schnell reagieren“, sagt Germann. Das Bamf entscheidet sich für eine offensive Strategie: „Wir sind transparent und ehrlich damit umgegangen. Verschweigen ist in digitalen Zeiten schwierig.“ Auf der Facebook-Seite distanziert sich das Bamf sofort von den Äußerungen, sagt zu, das weitere Vorgehen zu prüfen. Wenig später verkündet es hier Konsequenzen: Man trenne sich von dem Mitarbeiter.

Der Sturm ist überstanden. Anstrengend sei diese Zeit gewesen und kräftezehrend, sagt Christiane Germann. Doch deswegen nicht in den Netzwerken unterwegs zu sein, sei eine verpasste Chance.

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