Warum tu ich mir den Söder an?

18.8.2017, 21:47 Uhr
Warum tu ich mir den Söder an?

© Foto: Eduard Weigert

Der Aufstieg des 74-Jährigen zum Publikumsliebling hat einen Grund: In der Wahrnehmung der meisten Bürger ist Schäuble derjenige, der den Marsch in die Vergemeinschaftung von Staatsschulden verhindert hat. Seine harte Haltung gegenüber dem quasi bankrotten Griechenland hat ihm zwar im Ausland Nazi-Vergleiche, daheim aber hohes Ansehen beschert. Kein Wunder, dass der bayerische Finanzminister Markus Söder als CSU-Bezirksvorsitzender den Ressortkollegen beim Bund am Freitagabend in der Messe gerne als Festredner beim Sommerempfang der Nürnberger CSU begrüßt. "Finanzminister sind eh immer wichtig", sagt Söder, "aber der Bundesfinanzminister ist die absolute Nummer eins in Europa."

"Die absolute Nummer eins" freut sich, dass eines der großen Ziele der Union in der ablaufenden Legislaturperiode umgesetzt werden konnte – sogar ein Jahr früher als geplant: der ausgeglichene Bundeshaushalt. Für Schäuble ist die "Schwarze Null" kein Fetisch, sondern Grundlage für nachhaltigen Wohlstand. "Wir waren vor 15 Jahren der Kranke Mann in Europa, und wer sich auf dem Erreichten ausruht, ist schnell wieder an so einem Punkt", sagt Schäuble. Und: "Wenn Rot-Rot-Grün im September an die Macht kommt, dann haben wir in zwei Jahren keine Überschüsse mehr."

Deutschland steht ökonomisch bestens da, das ist für den Finanzminister auf internationalem Parkett nicht immer leicht, sagt er. Die Anfeindungen griechischer Politiker haben ihn nicht kalt gelassen, er nimmt sie heute aber mit Humor, wenn er sagt, dass diejenigen, die ihm immer so hart zugesetzt haben, ihm eigentlich ein Denkmal bauen müssten. "Wir haben noch keine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa, bis dahin läuft alles über Absprachen, und die Regeln müssen eingehalten werden." Dass Absprachen vollständig eingehalten werden, das verlange er gar nicht mehr. "80 Prozent wären nicht schlecht", sagt er grinsend. "Aber bei den Griechen musste ich sagen: Weniger als 50 Prozent geht halt gar net." Heute ist Schäuble froh, dass "Griechenland auf einem guten Weg" ist und frühere Sorgenkinder – Irland, Spanien, Portugal – wieder auf die Beine gekommen sind.

Schäuble handelt zügig seine wichtigsten Themen ab: die Familienförderung der Union über das geplante Baukindergeld, die nötige Kooperation mit schwierigen Partnern in Washington und Moskau, die Stabilisierung Afrikas zur Verhinderung weiterer Flüchtlingswellen. Ihm traut man zu, nahezu alle Fragen auf jeglichem Politikfeld beantworten zu können. Kein Wunder, schließlich sitzt Schäuble seit 1972 im Deutschen Bundestag. Auch heuer tritt er nochmals an, dann wird er bereits seinen 75. Geburtstag gefeiert haben. "Warum tust du dir das noch an?", fragt ihn mancher. Und er setzt schelmisch nach: "Warum willst du dich mit Kerlen wie dem Söder noch weiter im Alltag rumstreiten?" Die Antwort gibt er, ohne Luft zu holen: "Ich mache es gerne,
es macht mir einfach unheimlich viel Freude." Bei so großem Renomee – wen wundert’s?

Keine Kommentare