Weil die SPD im freien Fall ist, steht die GroKo

4.3.2018, 11:42 Uhr
Freude bei Andrea Nahles: Die SPD-Fraktionsvorsitzende zeigt sich erleichtert, nachdem das Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums in der Partei-Zentrale verkündet wurde.

© Kay Nietfeld/dpa Freude bei Andrea Nahles: Die SPD-Fraktionsvorsitzende zeigt sich erleichtert, nachdem das Ergebnis des SPD-Mitgliedervotums in der Partei-Zentrale verkündet wurde.

Wieder einmal haben die SPD-Mitglieder der Vernunft Vorfahrt vor dem Herzen eingeräumt. Obwohl das Anti-GroKo-Grummeln innerhalb der Ortsvereine durchaus mehrheitsfähig gewesen war, votierten am Ende zwei Drittel der Basis für den Wiedereintritt in die Regierung.

Warum? Weil es wohl der einzige Weg ist, die altehrwürdige Sozialdemokratie vor der Erosion zu bewahren. Denn bei Neuwahlen, die im Falle eines Neins der SPD-Basis nach dem aller Voraussicht nach kurzen Intermezzo einer Minderheitsregierung die zwangsläufige Folge gewesen wären, hätte es die SPD nach Ansicht aller Beobachter förmlich zerrissen. Jüngste Umfragen ließen bereits auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen AfD und SPD um den Platz zwei nach der Union schließen.

So haben sie halt gewohnt staatstragend abgestimmt - lieber das kleinere GroKo-Übel als den ungewissen Weg der Erneuerung auf der Oppositionsbank. Wenn sie sich da mal nicht täuschen, die treuen SPD-Mitglieder (die die #NoGroKo-Kampagne der Jusos als Sturm im Wasserglas entlarvten): Denn um eine grundlegende Reform kommt ihre Partei auf der vergleichsweise bequemen Regierungsbank nicht herum. 

Ein "Weiter so", wie es der Koalitionsvertrag leider erwarten lässt, geht nicht gut. Die Sozialdemokraten müssen sich grundlegend neu aufstellen und dabei, das merkt der frühere (und wie soviele andere krachend gescheiterte) Ex-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück in seinem aktuellen Buch zurecht an, auf die sich rasant verändernde gesellschaftliche Realität eingehen: Längst zieht sich die Front der Globalisierungsgegner und -befürworter als neue, für viele Wählerinnen und Wähler ganz entscheidende Trennlinie durch unsere Wirklichkeit. Die SPD hat diese Frage bislang umschifft, statt nach einer zukunftsfähigen programmatischen Antwort zu suchen.

SPD hat noch nicht den Ausweg aus der Krise gefunden

Das Verbleiben in der Regierung, mit den damit verbundenen Privilegien (vor allem gut dotierte und einflussreiche Posten) als Erfolg zu feiern, wie es die Parteispitze vorgibt, greift jedenfalls viel zu kurz. Deutschland hat zwar eine neue Bundesregierung, die aber keines der alten Probleme des Koalitionspartners SPD löst. Die nächsten Wahlen kommen bestimmt - dieses Damoklesschwert schwebt auch im neuen Kabinett Merkel über den Köpfen der Sozialdemokraten.

Habemus Regierung - das kann durchaus positiv gewertet werden, nach der quälenden Zeit des Stillstandes unter einer geschäftsführenden Kanzlerin. Aber die SPD hat gewiss noch nicht den Ausweg aus ihrer Krise gefunden. Das sollte bei aller Freude nicht vergessen werden. Denn Deutschland braucht gerade in den Zeiten aufstrebender Populisten eine schlagkräftige sozialdemokratische Partei. Mehr denn je. 

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