Welche Vorhaben die GroKo wirklich umgesetzt hat

20.9.2017, 09:51 Uhr
Der Koalitionsvertrag auf dem Prüfstand. Welche Vorhaben hat die GroKo umgesetzt und welche nicht?

© dpa Der Koalitionsvertrag auf dem Prüfstand. Welche Vorhaben hat die GroKo umgesetzt und welche nicht?

Rüstungsexporte

"Rüstungsexporte in Krisengebiete und in Länder, in denen die Menschenrechte massiv missachtet und verletzt werden, lehnen wir ab. (...) Dies bedeutet auch, ein parlamentarisches Gremium im Deutschen Bundestag zu schaffen, das bei zentralen Waffenexportentscheidungen die Bundesregierung kontrolliert und das zeitnah Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit herstellen kann", steht im Koalitionsvertrag. Deutschland ist weltweit unter den Top 5 beim Export von Waffen und Rüstungsgütern. Fünf der zehn wichtigsten Zielländer deutscher Rüstungsexporte lagen 2016 in Spannungsregionen. Beliefert wurden unter anderem die Türkei, Algerien, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate und Südkorea. Genehmigt werden diese Geschäfte nach wie vor vom Bundessicherheitsrat, der keiner parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Rechenschaft legt dieses Geheim-Gremium erst ein Jahr nach erfolgten Exporten ab. Transparenz geht anders.

>>>Versprechen klar gebrochen<<<


Managergehälter

Zu Beginn der Legislaturperiode hatten Union und SPD vereinbart, dass die Vergütung für hochrangige Manager und Konzern-Vorstände künftig durch die jeweiligen Hauptversammlungen der Unternehmen abgesegnet werden soll. Dieser Schritt sollte Transparenz schaffen. Die SPD hakte nach und wollte durchsetzen, dass obendrein die steuerliche Absetzbarkeit von Managergehältern beschränkt wird. Das war der Union zu viel des Guten, die Verhandlungen verliefen im Sande.

>>>Versprechen gebrochen<<<


Bestechliche Abgeordnete

"Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln", steht wörtlich im Koalitionsvertrag. Das kann man kurz fassen: Ist nicht passiert.

>>>Versprechen gebrochen<<<


Klimawandel

Im Koalitionsvertrag ist das Ziel formuliert, bis 2020 die Treibhausemissionen im Vergleich zum Referenzjahr 1990 um 40 Prozent zu senken. Man kann jetzt schon mit Gewissheit sagen, dass dieses Ziel verfehlt werden wird. Bislang ist laut letzten Daten eine Reduktion um etwa 28 Prozent erreicht. Wenig ermutigend: In den vergangenen Jahren fielen die Fortschritte immer bescheidener aus.

>>>Versprechen gebrochen<<<


Finanztransaktionssteuer

Seit der großen Finanzkrise von 2009 soll eine Finanztransaktionssteuer geschaffen werden, mit der Aktien- und Anleihengeschäfte erfasst werden. Das wollte laut Koalitionsvertrag auch die schwarz-rote Regierung. Das Versprechen kam beim Wähler gut an: Schließlich waren die Banken in der Finanzkrise mit Billionen Euro Steuergeldern gerettet worden. Ferner war und ist es nicht nachvollziehbar, dass Banken für ihre Geschäfte keine speziellen Steuern bezahlen - in jeder anderen Branche wird eine Umsatzsteuer erhoben. Eine Finanztransaktionssteuer gibt es aber immer noch nicht. Großen Einsatz, dies zu ändern, hat Schwarz-Rot in vier Jahren nicht an den Tag gelegt.

>>>Versprechen gebrochen<<<


Kampf gegen Steuersünder

Das Austrocknen von Steueroasen hatten sich beide Parteien auf die Fahnen geschrieben. Und es gab spektakuläre Fälle, man denke an Uli Hoeneß oder die Aufdeckung der Panama Papers. Zudem erwarben Finanzbehörden weiter CDs mit Daten von Steuersündern - für sie wird es also tatsächlich ungemütlicher. Laut Schätzungen hat sich an der Gesamtbilanz aber nicht viel verändert: Die Steuerausfälle für den Bund durch Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung sind mit etwa 50 Milliarden Euro pro Jahr genauso hoch wie 2013.

>>>Versprechen teilweise gehalten<<<


Rente

Bei den Renten hat die Große Koalition einiges in Bewegung gebracht. Umgesetzt wurden etwa die Rente mit 63 (für Versicherte mit mindestens 45 Beitragsjahren) sowie die Erhöhung der Mütterrente. Versprochen hatten Union und SPD ursprünglich aber noch mehr. So ist laut Koalitionsvertrag eine "solidarische Lebensleistungsrente", angestrebt - damit sollte Versicherte, die ein Leben lang gearbeitet haben, im Alter mehr Geld zur Verfügung haben als die Grundsicherung. Doch zu einer Einigung darauf kam es nie.

>>>Versprechen teilweise gehalten<<<


Keine neuen Kredite

Ein Prestigeprojekt der CDU war es, in der abgelaufenen Legislaturperiode einen Haushalt ohne neue Schulden vorzulegen. Das gelang sogar rascher als gedacht, und zwar dank unerwarteter Steuermehreinnahmen. Seit 2014 hat Deutschland keine neuen Schulden gemacht, ganz im Sinne des Koalitionsvertrags: "Wir werden Einnahmen und Ausgaben des Bundes so gestalten, dass der Bund ab dem Jahr 2014 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt und beginnend mit dem Jahr 2015 einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung aufstellt."

Allerdings schrumpft der Schuldenberg (derzeit etwas über zwei Billionen Euro) auch nicht so schnell wie geplant. Eigentlich sollte die Schuldenquote, also die Staatsschulden gemessen am Bruttoinlandsprodukt, nach vier Jahren bei 60 Prozent liegen. Laut jüngsten Zahlen sind es derzeit noch 68 Prozent.

>>>Versprechen weitgehend gehalten<<<


Raus aus Afghanistan

"Der Kampfeinsatz Isaf in Afghanistan ist bis Ende 2014 abzuschließen", steht im Koalitionsvertrag. Deutsche Soldaten waren seit 2009 mit Einheiten der afghanischen Nationalarmee und weiteren Sicherheitskräften zur Stabilisierung der Region Kundus eingesetzt. Der Isaf-Einsatz, an dem die Bundeswehr beteiligt war, endete am 31. Dezember 2014. Insgesamt ließen 56 deutsche Soldaten am Hindukusch ihr Leben. Seit 1. Januar 2015 sind gut 800 deutsche Soldaten an der Nato-Operation "Resolute Support" in Afghanistan beteiligt. Dabei geht es vor allem um Ausbildung und logistische Unterstützung, nicht mehr um einen Kampfauftrag.

>>>Versprechen weitgehend gehalten<<<


Mehr Geld für Forschung

Im Koalitionsvertrag steht: "Wir wollen mit unseren privaten und öffentlichen Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu den globalen Spitzenreitern gehören. Deshalb wollen wir drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung investieren." Das entspricht einer Vorgabe der EU, diese Zahl sollen alle 28 Mitgliedsstaaten erreichen. Das hiesige Budget kletterte kontinuierlich: 2014 gab die Bundesrepublik 2,88 Prozent des BIP für Forschung aus, nach 2,84 Prozent im Jahr zuvor. Im Mai 2017 erklärte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka das Drei-Prozent-Ziel für erreicht. Nur einige skandinavische Länder geben noch mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus.

>>>Versprechen gehalten<<<


Frauen in Führungsetagen

Das Gesetz für eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen stand in den Koalitionsvereinbarungen und ist im Mai 2015 in Kraft getreten. Seit Januar 2016 müssen rund 150 Unternehmen in Deutschland bei Neubesetzungen im Aufsichtsrat eine Frauenquote von 30 Prozent erreichen. Wird diese Zahl nicht eingehalten, bleiben die Posten unbesetzt.

>>>Versprechen gehalten<<<


Mindestlohn einführen

"Wir werden einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn einführen", tönte 2013 der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Bei der Union klang das so: "Wir wollen, dass die Mindestlöhne nicht einheitlich durch die Politik festgelegt werden, sondern dass die Tarifpartner das tun", konterte Angela Merkel. Doch die SPD-Position fand ihren Weg in den Koalitionsvertrag und hat sich letztlich durchgesetzt. Seit 2015 gilt ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde, 2017 wurde er auf 8,86 Euro erhöht.

>>>Versprechen gehalten<<<


Maut für Pkw einführen

"Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben", sagte Angela Merkel einmal in aller Öffentlichkeit. Auch die SPD konnte dem Lieblingsprojekt der CSU rein gar nichts abgewinnen und war dagegen. Doch die kleinere Unionsschwester überwand alle Widerstände, setzte durch, dass die Maut in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben wurde und ließ nicht locker, bis das Vorhaben umgesetzt war. Verkehrsminister Alexander Dobrindt überwand im zweiten Anlauf sogar die Bedenken der EU-Kommission.

>>>Versprechen gehalten<<<


Länderfinanzen neu regeln

Dieses Vorhaben hatten schon mehrere auf der Agenda. Durchgezogen hat es die scheidende Bundesregierung. Mit der Reform entfällt der Zankapfel "Länderfinanzausgleich", mit dem die Bundesländer ihre Steuereinnahmen untereinander aufteilen. Dies wird künftig allein über die Verteilung der Umsatzsteuereinnahmen abgewickelt. Zudem erhalten die Länder ab 2020 fast zehn Milliarden Euro mehr vom Bund. Dieser sicherte sich im Gegenzug allerdings umfangreichere Kontrollrechte.

>>>Versprechen gehalten<<<


Schnellere Asylverfahren

"Vor dem Hintergrund der erheblich gestiegenen Zugangszahlen im Asylbereich setzen wir uns – auch im Interesse der Schutzsuchenden – mit besonderem Vorrang für die Verkürzung der Bearbeitungsdauer bei den Asylverfahren ein. Die Verfahrensdauer bis zum Erstentscheid soll drei Monate nicht übersteigen." Ein ambitioniertes Vorhaben, was zumindest teilweise gelang: Bei Erstanträgen fiel die Bearbeitungsdauer deutlich unter zwei Monate. Allerdings muss das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch viele Altfälle abarbeiten, was in Einzelfällen immer noch länger als neun Monate dauern kann.

>>>Versprechen gehalten<<<


Untersucht wurden nur Versprechungen, die im Koalitionsvertrag stehen, nicht die Versprechungen einzelner Parteien. Je nach Lesart waren dies knapp 600 umzusetzende Vorhaben. Zu rund 500 ist kein abschließendes Urteil möglich; etwa 60 Versprechungen sind in Arbeit, zeigen aber unter Umständen noch kein Ergebnis.


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