Zu viele Antragsberechtigte: Baukindergeld wird gedeckelt

23.6.2018, 14:48 Uhr
Laut Koalitionsvertrag sollen Familien für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses 1200 Euro pro Kind und Jahr erhalten - über einen Zeitraum von zehn Jahren

© Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa Laut Koalitionsvertrag sollen Familien für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses 1200 Euro pro Kind und Jahr erhalten - über einen Zeitraum von zehn Jahren

Der Empfängerkreis für das neue Baukindergeld wird wegen befürchteter Mehrkosten in Milliardenhöhe eingeschränkt. Es soll für eine vierköpfige Familie nur bis zu einer Obergrenze von 120 Quadratmetern Wohnfläche gezahlt werden. Das geht aus einer überarbeiteten Regierungsvorlage für den Haushaltsausschuss des Bundestags hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Pro weiterem Kind soll die Fördergrenze um zehn Quadratmeter wachsen. Geplant ist ein Zuschuss von 12.000 Euro pro Kind über zehn Jahre. Zuvor hatten auch die Welt am Sonntag und das Handelsblatt über die Verschärfung berichtet. Der Kompromiss zwischen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sowie Innen- und Bauminister Horst Seehofer (CSU) war notwendig geworden, weil sonst die bisher von Union und SPD bis 2021 veranschlagten zwei Milliarden Euro nicht reichen würden.

Das Vorhaben war von der bayerischen CSU durchgesetzt worden. Laut Koalitionsvertrag sollen Familien für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses 1200 Euro pro Kind und Jahr erhalten - über einen Zeitraum von zehn Jahren. Also 12.000 Euro bei einem und 24.000 Euro bei zwei Kindern.

Die Einkommensgrenze liegt bei 75.000 Euro zu versteuerndem Einkommen plus 15.000 Euro Freigrenze pro Kind, also 90.000 Euro bei einem und 105.000 Euro bei zwei Kindern. Die Kinder müssen unter 18 Jahre alt sein und in der Immobilie wohnen. "Nach dem Einzug in die selbstgenutzte Immobilie muss die Meldebestätigung vorgelegt werden", heißt es in der Vorlage.

Haushaltsausschuss trifft sich zur "Bereinigungssitzung"

Eine Sprecherin Seehofers betonte, man werbe im parlamentarischen Verfahren für eine Ausweitung der Quadratmeterzahl. Am kommenden Mittwoch trifft sich der Haushaltsausschuss des Bundestags zur entscheidenden "Bereinigungssitzung", wo die letzten Details des bisher auf 341 Milliarden Euro veranschlagten Etats geklärt werden.

Zusätzlichen Druck hatte erzeugt, dass die Spitzen der Koalitionsfraktionen von CDU, CSU und SPD bei einer Klausur auf der Zugspitze im Mai vereinbart hatten, dass die neue Subvention, die an die frühere Eigenheimzulage erinnert, schon rückwirkend ab 1. Januar 2018 gezahlt werden soll - was Mehrkosten bedeuten wird.

Für alle ab diesem Datum abgeschlossen Bau- und Kaufverträge können dann demnächst Anträge für das bei der KfW-Förderbank angesiedelte Programm gestellt werden, der genaue Start steht noch nicht fest. Scharfe Kritik an den Plänen kam aus der Unionsfraktion. "Die Beschränkung ist ungerecht und sorgt für unnötige Bürokratie. Die meisten Familien, gerade auf dem Land, würden vom Baukindergeld ausgeschlossen", sagte Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, der dpa.

Das widerspreche dem Koalitionsvertrag. "Lebensfremd ist zudem die Beschränkung ab dem dritten Kind auf 10 Quadratmeter pro Kind. Solche kleinen Kinderzimmer werden heute gar nicht mehr gebaut." Was die überraschende Deckelung bedeuten kann, zeigt ein Beispiel aus Berlin, das der dpa berichtet wurde.

Eine freiberuflich tätige Frau (39) und ihr Freund (40) haben zwei Kinder (6 und 2 Jahre), haben am Freitag den Kaufvertrag für eine 127 Quadratmeter große Wohnung abgeschlossen. "Wir haben mit Ach und Krach den Kredit bekommen", berichtet Karlotta Ehrenberg.

Die Entscheidung sei nur in Erwartung des rückwirkend zugesagten Baukindergelds möglich gewesen. Über ein Jahr habe man gesucht und sich für eine Wohnung im Stadtteil Treptow entschieden, da in Kreuzberg nichts mehr zu bezahlen sei.

Nur bei einem dritten Kind und einer dann auf 130 Quadratmeter steigenden Fördergrenze würde man das Baukindergeld noch bekommen. "Das ist doch verrückt", kritisierte Ehrenberg. Zuletzt war vor Kosten von bis zu vier Milliarden Euro bis 2021 gewarnt worden.

Die SPD sieht das Baukindergeld kritisch

Zudem will man verhindern, dass auch der Kauf von großen Luxusimmobilien gefördert werde. Die SPD sieht das Baukindergeld insgesamt kritisch, da alle Steuerzahler dafür aufkommen, es aber nur Familien hilft, die sich ein Eigenheim am Ende auch leisten können. Die Baukindergeldsumme kann wie ein Bausparvertrag als Sicherheit beim Immobilienerwerb eingebracht werden.

Und soll zudem auch mit dem Erwerb von Eigentum als zusätzliche Sicherheit für die Rente und den Lebensabend helfen. Steuerzahlerbund-Chef Reiner Holznagel hatte betont, es wäre viel mehr geholfen, wenn zum Beispiel die Grunderwerbsteuer gesenkt würde.

In Berlin werden bei einem Wohnungskaufpreis von 350.000 Euro gleich 18.000 Euro fällig. Zwar ist diese Steuer Ländersache - aber hier könnte gerechter eine Entlastung geschaffen werden, statt alle Steuerzahler an der Subvention Baukindergeld zu beteiligen. Die FDP lehnt das Projekt ab, der Haushaltsexperte Otto Fricke hält zudem die Quadratmeter-Auflage für absurd. "Wie soll man der vierköpfigen Familie mit 120,1 Quadratmeter Wohnfläche in einer alten Bergmannssiedlung im Ruhrgebiet erklären, dass sie leider komplett rausfällt und die Familie aus München im teuren Glockenbachviertel mit 119 Quadratmetern dagegen gefördert wird?", sagte er dem Handelsblatt. Wenn der Haushaltsausschuss grünes Licht gibt, soll der Bundeshaushalt mitsamt der Vereinbarungen zum Baugeld in der ersten Juli-Woche im Bundestag beschlossen werden.

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