Zwei Nürnberger sorgen in der Türkei für Aufsehen

5.1.2011, 07:00 Uhr
Zwei Nürnberger sorgen in der Türkei für Aufsehen

© Zink

Die halbe Fußball-Welt trifft sich Anfang Januar an der türkischen Riviera. Trotzdem sind Hünkar Mutlu und sein Kamerateam vor allem wegen der Nürnberger da. Der populäre Moderator beim Fernsehsender TRT läuft jenseits des Fangzaunes hektisch auf und ab, während Mehmet Ekici und Ilkay Gündogan weiter hinten üben. Die beiden Club-Profis kennt in der Türkei mittlerweile fast jedes Kind. Auch, weil TRT neuerdings Spiele des 1. FCN überträgt.

„Seit seinem Länderspiel-Debüt ist Ekici bei uns berühmt“, sagt Mutlu, „auch über Gündogan wird viel gesprochen.“ Die beiden Emigranten-Söhne gelten als Hoffnungsträger des türkischen Fußballs; Ekici, vor über 20 Jahren in München geboren, hat sich sportlich bereits für die Heimat seiner Eltern entschieden; Gündogan, geboren vor über 20 Jahren in Gelsenkirchen, tendiert zum DFB. Solange er sich nicht final entschieden hat, für welche Nation er eines Tages anzutreten gedenkt, rechnen sich die Türken weiter sehr gute Chancen aus.

„Das ist natürlich der Wahnsinn“

Mutlu erzählt von seinen Landsleuten Serdar Tasci und Malik Fathi. Bundesliga-Profis, die nicht glücklich wurden mit dem Bundesadler auf der Brust. „Gündogan hätte im deutschen Team keine Chance“, befürchtet Mutlu, im türkischen schon. „Für uns wäre er sehr wertvoll.“ Wie Ekici.

Noch vor dem Start am Sonntagabend in Nürnberg hält Ekici seinem Kumpel Gündogan im Flieger ein Bild unter die Nase. Es stammt aus einer großen Sportzeitung, die vom türkischen Verband betrieben wird. Es zeigt eine Gruppe von rot-weiß gekleideten Fußballern, viele Stars, zentral Ekici. Die türkische Nationalmannschaft. „Ich vorne dran, das ist natürlich der Wahnsinn“, sagt Ekici stolz.

Am 17. November 2010 hat sich sein Leben verändert. Die Einwechslung im Test gegen die Niederlande beseitigte letzte Zweifel, seitdem ist Ekici sportpolitisch Türke. Und entsprechend berühmt. Sogar im Mannschaftshotel in Belek wird er angesprochen, um Autogramme und Erinnerungsfotos gebeten. In Istanbul, wo er vier Tage seiner Weihnachtsferien mit Gündogan verbracht hat, erkennt man ihn neuerdings auf der Straße. Und das alles nach nur 16 Bundesliga-Einsätzen. „Ich habe mitbekommen, dass ich jetzt einen Namen habe in der Türkei“, sagt Ekici bescheiden.

Der ganze Wirbel um seine Person, um seine Entscheidung gegen Deutschland und für die Türkei, ist dennoch nicht spurlos an ihm vorübergezogen. Im Klub hing er wochenlang durch, verlor vorübergehend seinen Stammplatz, ein Formtief machte ihm zu schaffen. Wohl auch bedingt durch den Ekici-Hype in der Heimat seiner Eltern, die aus einem Dorf nahe der Kleinstadt Yozgat stammen.

Großvater und Vater wanderten als Gastarbeiter nach München aus, um ihren Angehörigen ein besseres Leben zu ermöglichen. Eine Stelle bei der Post, nebenbei fuhr Ekici senior Taxi. „Sie haben die Grundlagen geschaffen“, sagt Ekici junior, „ich habe meiner Familie alles zu verdanken.“

Unter anderem, dass er nach einer Saison in Unterhaching mit sieben Jahren beim FC Bayern anfangen durfte, wo Ekici nicht nur zu einem fantastischen Fußballer ausgebildet wurde. „Man entwickelt sich auch menschlich“, sagt er, „das kriegt man dort automatisch mit.“ Wovon seit einem halben Jahr auch der 1. FCN profitiert, Ekici ist nicht mehr wegzudenken aus Heckings Elf. Er fühlt sich wohl, „ein familiärer Verein“, wie er betont — und kann sich durchaus vorstellen, noch länger zu bleiben. Vorläufig ist er bis zum 30. Juni ausgeliehen.

Der Club als Chance

Eine zweite Saison in Nürnberg? „Wieso nicht“, sagt Ekici, „ich schließe es nicht aus, das wäre für meine Entwicklung sehr gut.“ Beim Club, der sich „zu gegebener Zeit um Ekici bemühen wird“ (Sportdirektor Martin Bader), ist er eine feste Größe, beim FC Bayern wäre er einer unter vielen. Auch in der türkischen Nationalmannschaft käme er wahrscheinlich schneller voran, wenn er in der Bundesliga regelmäßig sein Talent zeigen dürfte. Guus Hiddink, sein Auswahltrainer, plant derzeit den altersbedingten Umbau, „und er hat mir gesagt, dass ich dabei eine große Rolle spielen kann“. Vielleicht sogar gemeinsam mit Kumpel Gündogan. „Das“, sagt Ekici, „wäre natürlich eine schöne Sache.“ Für ihn. Und natürlich für die Türkei.

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