Viel Beifall für mutiges Fabulieren

16.1.2012, 13:00 Uhr
Viel Beifall für mutiges Fabulieren

© Seilkopf

„Es war die bislang größte Erzählnacht, und auch sie hatte wieder ihren eigenen Charakter“, sagt Alexandra Schwab vom Quartiersmanagement Innenstadt. Sie organisiert die Veranstaltung gemeinsam mit Geschichtenerzähler Martin Ellrodt. In diesem Jahr sei es von Beginn an so gewesen, dass sich die Erzähler von selbst meldeten, niemand musste extra angesprochen werden. „Ich habe das Gefühl, die Veranstaltung ist in Fürth angekommen“, zog eine etwas müde aber glückliche Wahl-Fürtherin gestern ihr Fazit.

Dass sich fast 20 Mutige meldeten, das findet auch Geschichtenerzähler Martin Ellrodt großartig. Er hat die Idee der Erzählnacht aus Spanien nach Fürth importiert. Dort allerdings werde 48 Stunden lang erzählt, säßen selbst nachts um drei Uhr noch bis zu 300 Zuhörer im Saal. „So wie es aussieht, werden wir das in Fürth im übernächsten Jahr auch machen müssen“, verkündete Ellrodt voller Optimismus.

Stühle reichten nicht

Er war ehrenamtlich aktiv, und auch das Kulturforum hatte Räume und Technik kostenlos zur Verfügung gestellt. Nach dem Stadtmuseum war es erstmals Veranstaltungsort für die Erzählnacht. Und womit keiner gerechnet hatte: Die rund einhundert Stühle vor der kleinen Bühne mit großem Farn reichten bei weitem nicht aus, von Beginn an um 19 Uhr bis gegen 22 Uhr waren die Plätze umkämpft, stand stets eine Gruppe Zuhörwilliger hinter den Stuhlreihen.

Das vielköpfige Publikum macht Schwab als einen der Gründe aus, dass nicht ganz so viele „Spontanerzähler“ wie erhofft die Bühne erklommen. Keinerlei Probleme damit hatten Menschen wie Zorica Otto, die in ihrer sehr persönlichen Geschichte schilderte, warum sie eine zweijährige Ausbildung zur Märchenerzählerin gemacht hat.

Witzig waren die Geschichten von Gundi Hofmann über ihre Oma, die das Ersteigern liebte. Friedemann Streit hatte extra für diesen Abend seine Kindheitserlebnisse in Reime gepackt wie: „Mein Schutzengel hat net g’schaut, da hat’s mich auf die Waffel g’haut.“ Der 77-jährige Künstler aus Vach war nicht nur der älteste Auftretende. Er wirkte mit Schal, Gehstock und Zylinder tatsächlich wie ein Märchenerzähler alter Schule.

„Sie müssen ihr Gehirn einschalten“, forderte die städtische Kulturreferentin Elisabeth Reichert das Publikum auf, bevor sie ein Mathequiz mit Gummibärchen und Wassergläsern startete. Fränkisch, deftig und witzig zugleich erzählte Stadträtin Meta Zill vom Kirschbaum ihrer Kindheit.

Und sogar Größen wie Zarah Leander schauten vorbei — in Form von Gesten, Mimik und Hüftschwung einer ihrer Verehrerinnen: Gertraud Engel gab aus einer Zeit, in der Fürth noch sagenhafte 13 Kinos hatte, ihre Schwärmerei für die große Zarah zum Besten.

Kein Geld mehr

Während es in erster Linie Fürtherinnen und Ex-Fürther waren, die sich trauten, gehörte Gregor Papp zu den Ausnahmen. Der Würzburger Geschichtenerzähler schilderte seinen am Ende vereitelten Betrug an einem Kontrahenten um die Erzählerkrone so anschaulich, dass ihm das Publikum den Fiesling abnahm. Toni Klugs lustige und treffende Schilderung seiner Kochbemühungen zum Wohl zweier pubertierender Kinder war ein schöner Abschluss dieses gelungenen Abends.

Die Besucher dankten mit reichlich Beifall für die Erzähler, großzügigen Gaben in die Spendenbox sowie Einträgen ins Gästebuch. Die 24-jährige Ann-Kathrin Fritz zum Beispiel hielt darin fest: „Es ist ein sehr schöner Abend mit Humor, Spannung u.v.m. Es wurden mit Worten viele Bilder gemalt, die auch in meiner Generation Anklang finden.“

Die Organisatoren müssen nun allerdings klären, wie sie die Unkosten für die fünfte Erzählnacht decken können — denn die bisherige Finanzierung durch das Förderprogramm Soziale Stadt ist ausgelaufen.

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