Prozessauftakt: Neue Details zu Explosion in Fürther Tattoo-Studio

29.3.2019, 17:57 Uhr
Durch die Druckwelle der Explosion gingen Fensterscheiben des Tattoo-Studios in der Königstraße zu Bruch.

© Paul B. Durch die Druckwelle der Explosion gingen Fensterscheiben des Tattoo-Studios in der Königstraße zu Bruch.

Seit langem hegten Lina und Nico R. (Namen geändert) Groll gegen einen Bekannten, der in Fürth ein Tattoo-Studio eröffnen wollte. Lina R. war früher mit dem Tätowierer zusammen – in der U-Haft heiratete sie Nico. Offenbar, so erzählt es das Ehepaar, fand sich der Bekannte nicht damit ab, dass Lina nun mit einem anderen Mann zusammen war. Im April 2018 soll der Exfreund in die Nürnberger Wohnung von Lina und Nico R. eingebrochen sein und die Frau geschlagen haben. Drei Monate später war der Zorn über den Exfreund beziehungsweise Nebenbuhler noch nicht verraucht.

Im Juli lud das Paar die Freundin Clara S. in ihre Wohnung in der Nürnberger Südstadt ein. Die drei betranken sich mit Bier und Schnaps, rauchten Cannabis und schnupften Speed und Crystal Meth. Dabei entwickelten sie einen Plan, wie sie dem Verhassten schaden konnten. Seine Achillesferse schien das künftige Tätowierstudio im Zentrum von Fürth zu sein, da es, wie seine Exfreundin wusste, nicht versichert war. Sollte man die Scheiben anmalen? Einschlagen? Etwas Brennendes hineinwerfen? Nico R., gelernter Industriemechaniker, hatte eine Bengalfackel und eine Gaskartusche zu Hause.

Angeklagte berichten von Drogenproblemen

Aus einer nicht ausgetrunkenen Grappaflasche und einem Zewa-Tuch bastelten die drei einen Molotow-Cocktail. Mit Kapuzenpullis und Schweißmasken setzten sie sich schwer berauscht ins Auto und fuhren in die Nachbarstadt. Vor einer ehemaligen Tankstelle parkten sie und liefen zu dem Haus, wo der Bekannte demnächst tätowieren wollte. In den oberen Stockwerken des Hauses sind Wohnungen – was die drei Angeklagten wussten. Lina R. schlug mit der Axt ein Seitenfenster ein, Clara S. warf den entzündeten Molotow-Cocktail hinein. Nico R. schleuderte den Bengalo, den er zuvor an die Gaskartusche geklebt hatte, durch das kaputte Fenster.

Der Molotow-Cocktail erlosch und blieb wirkungslos. Doch der als Sprengsatz präparierte Bengalo erzeugte eine Druckwelle, die mehrere Fensterscheiben bersten ließ. Die drei jungen Leute rannten davon und fuhren zurück nach Nürnberg. Wenige Wochen später kam ihnen die Polizei auf die Spur. Die Staatsanwaltschaft beziffert den Sachschaden auf 13.868 Euro. Nun stehen Clara S. (29), Lina (29) und Nico R. (22) wegen besonders schwerer Brandstiftung, vorsätzlichem Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Sachbeschädigung vor der 16. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth.

Die drei geben ihre Tat zu und berichten von Drogenproblemen. Clara S., die auf freiem Fuß ist, leidet nach eigenen Angaben seit 15 Jahren an Rauschmittelsucht. Die Psychiaterin Anna-Christina Wunder-Lippert hat die drei Angeklagten begutachtet und wird in der Verhandlung zu deren Schuldfähigkeit Stellung nehmen. Auch eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt steht im Raum. Der Prozess geht weiter.

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