Amokschütze aus Leutershausen kommt in die Psychiatrie

12.4.2016, 15:55 Uhr
Amokschütze aus Leutershausen kommt in die Psychiatrie

© Diane Meyer

Der Amokschütze aus Mittelfranken wird in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht. Laut der Entscheidung des Landgerichts Ansbach vom Dienstag hat der 48-Jährige im vergangenen Sommer in zwei Ortsteilen von Leutershausen bei Ansbach zuerst eine 82-jährige Frau und danach einen 72 Jahre alten Radfahrer erschossen. Danach fuhr er weiter und schoss noch auf eine Autofahrerin und auf einen Traktorfahrer.

Ursprünglich hatte die Anklage auf Mord in zwei Fällen und versuchten Mordes in zwei Fällen gelautet, doch davon rückte der Oberstaatsanwalt ab.

Gerhard Neuhof hatte auf Totschlag in zwei Fällen plädiert und auf versuchten Totschlag in zwei Fällen. Weil der Mann psychisch krank sei, sehe er das Mordmerkmal der Heimtücke nicht gegeben. Aber er machte klar: "Das sind die schrecklichsten Taten, die das Landgericht Ansbach jemals zu verhandeln hatte", so Neuhof. "Es ist schlimm, weil die Taten so sinnlos scheinen. Es gab vorher keinen Streit, der Mann kannte die Leute nicht einmal. Es hätte jeden treffen können." Eine Auswertung des Navis, Laptops und persönlicher Unterlagen des 48-Jährigen habe keine Hinweise darauf gebracht, dass die Bluttat an diesem heißen 10. Juli im vergangenen Jahr geplant war, erklärte der Oberstaatsanwalt. Wie lange der 48-Jährige in ein psychiatrisches Krankenhaus muss, sei nicht absehbar, so Gerhard Neuhof weiter. "Aber laut Gutachter wird es eine sehr lange Zeit sein."

Schlagstock, Pistolen und Messer im Auto

Verteidiger Benjamin Schmitt gab in seinem Plädoyer einen Einblick in das Seelenleben des gelernten Krankenpflegers. "Es herrschte Endzeitstimmung", sagte er. Der Mann leidet an einer paranoiden Schizophrenie und habe an Tattag gedacht, es habe einen atomaren Anschlag gegeben. Das hatte am vierten Verhandlungstag das psychiatrische Gutachten gezeigt. "Der Beschuldigte dachte, er ist der letzte Mensch auf der Welt", beschrieb Gerhard Neuhof.

"Er rüstete sich wie für einen Feldzug." Die Opfer seien für ihn keine Menschen gewesen, sondern Werwölfe und Vampire. Verteidiger Benjamin Schmitt unterstrich die Darstellung und zählte auf, was der damals 47-Jährige alles in sein Auto gepackt hatte, bevor er losfuhr. Unter anderem Pistolen, Messer, einen Schlagstock, Kompass, Laptop, Marmeladengläser, mehrere Hundert Schuss Munition, einen Gaskocher, Butter, Kleidung und spirituelle Gegenstände stellten Polizeibeamte in dem silbernen Mercedes sicher.

Angehörige hatten dem Beschuldigten während den Verhandlungstagen vorgeworfen nur geradeaus vor sich hinzustarren und keine Regung zu zeigen. Das griff der Verteidiger auf und sagte: "Hier sitzt ein kranker Mensch, der keine Empathie zeigen kann." Der Beschuldigte selbst verzichtete auf das letzte Wort im Prozess. "Ich möchte mich dazu nicht äußern", erklärte er mit leiser Stimme und gesenktem Kopf.

Die Vertreter der Nebenkläger schlossen sich in weiten Teilen dem Antrag des Oberstaatsanwalts an. Rechtsanwalt Bernd Hönicka, der die Familie der erschossenen Seniorin vertritt, forderte den Gesetzgeber auf, das Waffengesetz dringend zu überarbeiten. "Die Situation beunruhigt auch, weil es so einfach ist, an Waffen zu kommen", so der Anwalt. "Der Mann hat die Waffen behalten, obwohl er schon längst nicht mehr an Schießübungen teilgenommen hat." Und für die Familie der Opfer äußerte er die Hoffnung, dass sie irgendwann zur Ruhe kommen. Bei der Bluttat am 10. Juli erschoss der Mann eine Seniorin, die gerade Blumen in ihrem Garten goss, und einen 72-jährigen Radfahrer in zwei Ortsteilen von Leutershausen. Weitere Menschen beschoss er aus seinem Auto heraus. Erst Mitarbeiter und Kunden in einer Tankstelle in Bad Windsheim stoppten die eineinhalbstündige Amokfahrt.

 

Dieser Artikel wurde am 12. April um 14.24 Uhr aktualisiert.