Ansbach: Gesuchter Straftäter war laut Arzt nicht gefährlich

2.2.2018, 09:28 Uhr
Ansbach: Gesuchter Straftäter war laut Arzt nicht gefährlich

© Timm Schamberger/dpa

"Wir sind sehr froh, dass er wieder da ist. Ich möchte mich für die Mithilfe der Bevölkerung bedanken", sagte Joachim Nitschke, Chefarzt der Klinik für Forensische Psychiatrie am Bezirksklinikum Ansbach, der Fränkischen Landeszeitung zu dem Fall des mehr als drei Wochen lang vermissten Patienten. Gleichzeitig tue es ihm leid, dass der Vorfall bei vielen Bürgern Angst ausgelöst habe. "Das hätte nicht sein müssen", kritisierte Nitschke im Gespräch mit der Fränkischen Landeszeitung die seiner Ansicht nach übertriebenen Formulierungen im Fahndungsaufruf.

Besonders sauer stieß ihm das angebliche Verhalten der Würzburger Polizei auf, die laut Evangelischem Pressedienst sogar Träger von Kindergärten und Kindertagesstätten angeschrieben hatte, um die Mitarbeiter zu warnen. "Das hat mit einer Fahndung nichts mehr zu tun", erklärte Joachim Nitschke.

Aber auch beim Aufruf des mittelfränkischen Präsidiums hätte er sich eine vorherige Abstimmung mit der Klinik gewünscht. "Wir sollten enger zusammenarbeiten, damit es nicht zu einer Panik kommt." Er sei überzeugt, dass die Medikamente, die bei dem Patienten den Sexualtrieb ausschalten, noch mindestens einen Monat eine Sexualstraftat verhindert hätten. "Er wäre frühestens in vier Wochen akut gefährlich geworden."

Der Patient habe am Dreikönigstag trotz seiner guten Perspektiven in einer Kurzschlussreaktion die Klinik verlassen. Dass er in den über drei Wochen keine Sexualstraftaten beging, bestätige die Einschätzung, dass er akut nicht gefährlich war.

Anita Traud, stellvertretende Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, sagte dazu, Zeitpunkt und Text einer öffentlichen Fahndung würden zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft geklärt. Der erste Aufruf am 19. Januar sei nach der internen Überprüfung als "nicht hinreichend formuliert" bewertet worden. Wie berichtet, hieß es in diesem Aufruf nur, dass der Gesuchte dringend auf Medikamente angewiesen sei.

Keine Absprache mit der Klinik

Man sei sich intern einig gewesen, dass "nachgebessert" werden musste, so Traud, und habe deshalb am 22. Januar einen zweiten Aufruf veröffentlicht. In diesem wurde nachdrücklich vor dem Sexualstraftäter gewarnt. Dies sei in der Tat "ohne Rücksprache" mit dem Bezirksklinikum geschehen, räumte Traud ein.

Joachim Nitschke, Chefarzt der Forensischen Psychatrie am Bezirkskrankenhaus Ansbach.

Joachim Nitschke, Chefarzt der Forensischen Psychatrie am Bezirkskrankenhaus Ansbach. © Stephan Sohr

Die mögliche Gefährdung von Bürgern sei aufgrund der Straftaten, der Gutachten und der vorherigen Angaben des Bezirksklinikums deutlich gewesen. Man habe keine "Panikmache" betreiben wollen, versicherte Traud, sondern nur mit dem "Gefahrenpotenzial" offen umgehen.

1992 war der heute 47-jährige Täter wegen der Vergewaltigung einer Frau, dem Missbrauch von zwei Mädchen und der Bedrohung von drei weiteren Frauen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Die Richter erkannten eine psychische Krankheit, die seine Schuldfähigkeit minderte, aber die Einweisung in ein pychiatrisches Krankenhaus bedeutete.

12 Kommentare