Patientinnen missbraucht: Fränkischer Arzt muss in Haft

17.1.2018, 17:46 Uhr
Dem 63-jährigen Arzt wird vorgeworfen, vielfach in seiner Praxis und in seiner Wohnung mit Patientinnen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Die Frauen sollen ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut gewesen sein.

© Daniel Karmann/dpa Dem 63-jährigen Arzt wird vorgeworfen, vielfach in seiner Praxis und in seiner Wohnung mit Patientinnen Geschlechtsverkehr gehabt zu haben. Die Frauen sollen ihm zur psychotherapeutischen Behandlung anvertraut gewesen sein.

"Er hat das Vertrauen als Arzt grob missbraucht", sagte der Vorsitzende Richter des Landgerichts Ansbach am Mittwoch bei der Urteilsbegründung. Staatsanwaltschaft und Nebenklage hatten in ihren nicht-öffentlichen Plädoyers viereinhalb Jahre Haft und ein fünfjähriges Berufsverbot gefordert.

Der Mediziner mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung hatte seine Zulassung als Arzt wegen der Vorwürfe bereits freiwillig abgegeben. Sein Verteidiger sagte, er wolle sie aber wieder beantragen. Das dazu notwendige Verfahren dauert in der Regel ein bis zwei Jahre. Der Anwalt kündigte nach dem Urteil außerdem an, in einem halben Jahr erleichterte Haftbedingungen für seinen Mandanten beantragen zu wollen. Dies ist frühestens nach der Hälfte der verhängten Freiheitsstrafe möglich. Der Arzt sitzt seit rund einem Jahr in Untersuchungshaft.

Anklage ging von 122 Fällen aus

Die Frauen waren teilweise wegen schwerer psychischer Probleme bei dem Mediziner in Behandlung. Der 63-Jährige hatte beim Prozessauftakt Mitte Dezember eingeräumt, Sex mit ihnen gehabt zu haben - dies sei aber in beiderseitigem Einverständnis geschehen. Wie oft, wisse er aber nicht mehr. Zum Geschlechtsverkehr mit seinen Patientinnen soll es überwiegend in den Abendstunden in der Praxis im mittelfränkischen Feuchtwangen gekommen sein.

Die Anklage ging von 122 Fällen zwischen den Jahren 2012 und 2015 aus. Die Richter legten den Schwerpunkt aber auf bestimmte Fälle. Verurteilt wurde der Mann am Mittwoch wegen sexuellen Missbrauchs in 74 Fällen.

Von einer Therapie in die nächste

Der 63-Jährige sei Arzt aus Leidenschaft, hatte der Verteidiger in seinem Plädoyer betont. "Wir wollen ihm nicht absprechen, dass sein Herz groß war. Er hätte sich aber andere Wege dafür suchen müssen", sagte der Richter. Körperliche Nähe berge Gefahren der Grenzüberschreitungen - und dazu sei es gekommen. Die Anwältin der Patientinnen, die als Nebenklägerinnen auftraten, sagte, ihre Mandantinnen litten noch immer sehr unter den Vorfällen. Sie seien aus der Therapie direkt in die nächste Therapie gekommen.

Der Angeklagte entschuldigte sich in seinem Schlusswort bei den Opfern und bei seiner eigenen Familie. Während der Urteilsbegründung nickte er immer wieder zustimmend mit dem Kopf. Für den Fall, dass er seine Zulassung wieder erhält, möchte er als Notarzt arbeiten.

In einer früheren Version des Artikels haben wir behauptet, der Angeklagte habe seine Praxis im Nürnberger Norden. Das ist falsch. Er praktizierte in Feuchtwagen.