SPD-Parteitag in Ansbach: Digitalisierung als Top-Thema

17.11.2014, 14:11 Uhr
Der Vorsitzende der SPD in Bayern, Florian Pronold, bei seiner Ansprache auf dem Parteitag in Ansbach.

© dpa Der Vorsitzende der SPD in Bayern, Florian Pronold, bei seiner Ansprache auf dem Parteitag in Ansbach.

Ein bisschen Parteipolitik musste aber doch sein. Scharf ging der SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, mit Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer ins Gericht. Die SPD habe in der großen Koalition versprochen und geliefert, die CSU "versprochen und versaubeutelt", kritisierte der SPD-Landeschef.

Seehofer war am Samstag zu einer mehrtägigen China-Reise aufgebrochen. Ihm warf Pronold noch ein paar Unfreundlichkeiten hinterher: Der CSU-Chef besichtige das Reich der Mitte, wo die Arbeitsplätze künftig sein würden, wenn er seine chaotische Energiepolitik weiter betreibe. "Seehofer", so Pronold, "ist das größte Standortrisiko für diesen Freistaat". Der CSU bescheinigte Pronold eine Rückkehr zur Arroganz der absoluten Mehrheit und eine "neue Respektlosigkeit". Die Replik kam umgehend. Pronold zeige, wie weit sich die SPD von den Menschen entfernt habe und warum sie in einer Umfrage nur auf 18 Prozent komme, sagte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die SPD habe "keine Inhalte, keine Konzepte und nur einen Flop an der Spitze".

Mit bemerkenswerter Disziplin folgten die etwa 100 Delegierten und 60 Gäste in der Orangerie des Ansbacher Schlosses Impulsreferaten und Debatten zur Digitalisierung. Diese hat nach Auffassung der Sozialdemokraten längst nicht nur die Arbeitswelt, sondern alle Lebensbereiche erfasst. Früher hielten Jugendliche Händchen, "heute gibt’s Handyhalten", formulierte Pronold kalauernd.

Menschenwürde in der modernen Welt

Die Sozialdemokraten haben Sorge, von etwas überrollt zu werden, was der politischen Gestaltung entzogen ist. Die SPD sei getrieben von dem Wunsch, "das Prinzip der Menschenwürde in die moderne Welt zu übertragen", so Generalsekretärin Kohnen.

Der "Mensch als Wurmfortsatz von Maschinen" sei nicht das sozialdemokratische "Bild einer menschenwürdigen Arbeitswelt", sagte Ex-Audi-Arbeitsdirektor Werner Widuckel, der maßgeblich an einem einstimig verabschiedeten Leitantrag zur "neuen digitalen Arbeitswelt" beteiligt war. Darin werden eher Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben. "Wir haben nicht auf alles fertige Antworten", sagte Widuckel.

Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands vbw, zeigte sich beeindruckt von der Ernsthaftigkeit des Parteitags. In einem Impulsreferat formulierte er  vieles, was bei SPD und Gewerkschaften nicht gerade auf Zustimmung stößt. Man habe sich ja auch nicht "mit Wattebäuschchen beschmeißen" wollen, würdigte SPD-Vordenker Widuckel Brossardts Auftritt.

"Anti-Stress-Verordnung"

Die Wirtschaft befürchtet offensichtlich eine neue Welle von deutscher Regulierungswut, die sie im globalen Wettbewerb zurückwirft. Die Digitalisierung, so Brossardts Credo, wird stattfinden: Entweder Deutschland sei bei den Gewinnern oder eben andere. "Absolut konträr" seien dabei beispielsweise Projekte wie die "Anti-Stress-Verordnung".

Einen indirekten Rüffel erteilte Brossardt aber auch der Staatsregierung: Wer Arbeitsplätze "in der Fläche" haben wolle, müsse die digitale Infrastruktur überall sicherstellen. Notwendig sei eine überall in Bayern verfügbare Datengeschwindigkeit von 100 Mbit pro Sekunde.

Und dann gab es doch noch ein wenig traditionellen Parteitagsbetrieb. Der mittelfränkische Ortsverein Büchenbach setzte sich mit der Forderung nach einem glatten Nein zu den Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA nicht durch. Angenommen wurde eine Vorlage des Landesvorstands, der verschiedene rote Linien einzieht und die Zustimmung zu den Abkommen an eine Reihe von Bedingungen knüpft.