Toter Obdachloser: Angeklagter war regelmäßig aggressiv

23.4.2015, 14:33 Uhr
Der 36-jährige Aleksandr M. muss sich vor der Jugendkammer des Landgerichts Ansbach wegen Mordes oder Totschlags verantworten.

© dpa Der 36-jährige Aleksandr M. muss sich vor der Jugendkammer des Landgerichts Ansbach wegen Mordes oder Totschlags verantworten.

Es sitzen erst wenige Zuhörer im Sitzungssaal, als die Jugendkammer des Landgerichts Igor D. (44) als ersten Zeugen aufruft - der Mann benötigt nur ein paar knappe Sätze, um seine Personalien und gleichzeitig seine tragische Lebensgeschichte zusammenzufassen. Der gebürtige Russe stand zwei Jahrzehnte in Deutschland als Arbeiter in Lohn und Brot - und hatte es zu bescheidenem Wohlstand gebracht.

Doch dann ging sein Arbeitgeber pleite, Igor D. konnte den Kredit bei der Bank nicht mehr bedienen, verlor seine Eigentumswohnung und landete im Sommer 2014 in der Obdachlosenunterkunft in Gunzenhausen. Dort begegnete er den beiden 36-jährigen Aleksandr M. und Viktor H. Er hoffte auf die Solidarität seiner Landsleute und bat beide, ihm beim Umzug zu helfen, seine Habseligkeiten in die Unterkunft in der Alten Nürnberger Straße in Gunzenhausen zu transportieren. Aleksandr M. schlug ein - forderte, quasi als Vorauszahlung, Wodka und Bier.

Einige Tage vor dem geplanten Umzug saßen die Männer auf einer Wiese hinter der Unterkunft - der Alkohol floss und plötzlich seien Aleksandr M. und Viktor H. aggressiv geworden, erinnert sich der Zeuge. Grundlos hätten ihn die beiden massiv gegen den Kopf getreten und geschlagen. Auch Claudia T. (Name geändert) , die 17-jährige, ebenfalls angeklagte Schülerin soll dabei gewesen sein und ein weitere Bewohnerin der Sozialunterkunft - doch geholfen habe ihm keiner.

Verurteilung wegen Mordes oder Totschlags ist möglich

Laut Anklage soll Aleksandr M. (36) in eben dieser Sozialpension am 17. Juni 2014 auf einen 54 Jahre alten Obdachlosen eingeprügelt haben - für den Tod des Mannes macht Oberstaatsanwalt Alfred Huber allein den  Hauptangeklagten Aleksandr M. verantwortlich. Er geht von Totschlag aus, die Strafkammer wies jedoch, als sie die Anklage zuließ, darauf hin, dass am Ende auch eine Verurteilung wegen Mordes denkbar sei. Dem ebenfalls angeklagten Viktor H. (36) und der 17-jährigen Claudia T. legt der Ankläger schwere Körperverletzung, Wohnungseinbruchsdiebstahl sowie Nötigung zur Last. Claudia T. schilderte vor Gericht bereits, dass sie das Opfer ebenfalls misshandelte - sie wollte ihren damaligen Freund Aleksandr M. beeindrucken. Der angetrunkene Viktor H. soll ebenfalls zugeschlagen haben, doch während sich die Übergriffe abspielten, schlief er vor allem.

Dass vor allem Aleksandr M. in der Unterkunft als einer galt, der regelmäßig für "Stress" sorgte, berichtet auch Kriminalhauptmeisterin Kerstin S. (33) im Zeugenstand. Nachdem die Bahnleiche entdeckt worden war und der Mann als ehemaliger Bewohner der Unterkunft identifiziert wurde, befragte sie vor Ort Zeugen. Mehrere Hausbewohner charakterisierten M. als aggressiv, immer wieder würde er für Ärger sorgen und Schlägereien anzetteln.

Der Prozess geht weiter. Das Landgericht Ansbach will 21 Zeugen und als Sachverständige Rechtsmediziner sowie Psychiater hören, fünf Verhandlungstage sind angesetzt. Der Prozess findet vor der Jugendkammer, besetzt mit drei hauptamtlichen Richtern, sowie zwei Schöffen, statt, weil die Angeklagte Schülerin Claudia T. zum Tatzeitpunkt 16 Jahre alt, also noch Jugendliche, war. Die Richter wollen das Urteil voraussichtlich am 20. Mai sprechen.
 

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