Viva Voce begeistert in den Ansbacher Kammerspielen

10.10.2014, 16:50 Uhr
Viva Voce begeisterte sein Publikum in der Kammer mit neuem Programm "Ego".

© Hans von Draminski Viva Voce begeisterte sein Publikum in der Kammer mit neuem Programm "Ego".

Eine gereifte Boyband auf Selbsterfahrungstrip. An sich nichts besonderes, in Zeiten, in denen Kult-Combos wie "Take That" oder die "Backstreet Boys" auf die Bühne zurückkehren. Die fünf Jungs von "Viva Voce" waren freilich nie weg. Und bringen die Ergebnisse ihrer musikalischen Selbstbespiegelung trotzdem mit einer sehr großen Dosis beißender Selbstironie über die Rampe. In den Ansbacher Kammerspielen riss das "Ego" im gleichnamigen Programm des stimmstarken Herrenfünfers das Publikum förmlich aus den Sitzen.

Wenn ehemalige Windsbacher Knaben auf Pop-Pfaden wandeln, dann ist der Musik-Horizont per se etwas weiter gesteckt, reicht von der frühen Polyphonie der Gregorianik bis zu Helene Fischers Flachschlagern. Ein Spannungsbogen, den die fünf Sänger – Heiko Benjes, Bastian Hupfer, David Lugert, Mateusz Phouthavong und Jörg Schwartzmanns – mit ebenso viel interpretatorischer Substanz wie kabarettistischem Sarkasmus füllen.

Schon die Anfangsphase der "Ego"-Findung sollte man nicht all zu ernst nehmen, denn die musikhistorischen Weisheiten, die Heiko Benjes in gestelztem Professorenton verkündet, werden in Steinzeitkostümen mit Keule und Speer illustriert.

Die Entwicklung bei "Viva Voce" verlief in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten vergleichsweise wie im Zeitraffer, was ein kurzes Medley aus den Hits der Vergangenheit zeigt: Coverte die Gruppe anfangs noch die Erfolge anderer A-Cappella-Formationen, traute sie sich in späteren Jahren an Eigenkompositionen, die ohne Frage ohrwurmig und radiotauglich sind.

Und bisweilen auch ziemlich nachdenklich sein können, wie die "Ego"-Revue zeigt. Denn hier geht es auch um Loser, um schwierige Beziehungen und Burn-Out-Symptome. Themen, die manchmal zu ernst sind, um sie noch mit einem Augenzwinkern servieren zu können, etwa Kindesmissbrauch und -misshandlung.

Zu lachen gibt es dennoch genug. Zum Beispiel dann, wenn sich David Lugert in eine überaus schräge Kopie von Max Raabe verwandelt, mit dem typischen Näseln des pomadigen Salonorchester-Vorsängers Hubert von Goiserns Volksrock-Fetzer "Brenna Tuats Guat" in einer Hochdeutsch-Fassung präsentiert und dabei kräftig durch den Kakao zieht: satter Satzgesang mit Satire-Potenzial.

Die Mischung macht es nach wie vor bei "Viva Voce". Virtuoses Sängertum inklusive Beatbox-Effekten trifft auf humoristische Grundeinstellung; das eigene Ego ist wichtig, doch am Ende siegt das Kollektiv über die Individualpersönlichkeiten. Kein Patentrezept für alle Lebenslagen, aber eine Ideallösung für "Viva Voce".

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