Aus als Elite-Uni: FAU-Präsident übt Selbstkritik

22.10.2017, 17:35 Uhr
Aus als Elite-Uni: FAU-Präsident übt Selbstkritik

© Foto: EAM/Stephan Minx

Herr Prof. Hornegger, Ihre Uni ist gut vorbereitet in den Exzellenz-Entscheid gegangen. Sie hatten sogar eine TaskForce eingerichtet, die sich um Ihre Bewerbung kümmern sollte. Trotzdem gelang es der FAU nur, mit einem Projekt in die zweite Runde zu kommen. Was ist schiefgelaufen?

Joachim Hornegger: Wir haben mit einem Clustervollantrag nicht schlechter abgeschnitten als vorher. Dennoch haben wir uns mehr erhofft. Das zeigt, dass wir unser Profil und unsere Schwerpunkte noch weiter herausarbeiten müssen. Darum müssen wir uns in den nächsten sieben Jahren bis zur Neuauflage der Exzellenzstrategie bemühen, etwa bei noch gezielteren Stellenbesetzungen. Zudem wurde kurz vor Wettbewerbsbeginn das Format geändert: Graduiertenschulen werden nicht mehr berücksichtigt. Letztes Mal erhielten wir neben der Schwerpunktförderung, also einem Cluster, auch eine Förderung für eine Graduiertenschule.

Und dieses Mal?

Hornegger: Dieses Mal haben wir es nur mit einem materialwissenschaftlichen Projekt in die Endrunde geschafft. Dabei, das darf man nicht vergessen, handelt es sich bayernweit um das einzige erfolgreiche Projekt überhaupt mit ingenieurwissenschaftlichem Bezug. Allein das zeigt, wie hart der Wettbewerb ist.

Was genau soll mit dem ausgewählten Projekt erforscht werden?

FAU-Präsident Joachim Hornegger

FAU-Präsident Joachim Hornegger © Harald Sippel

Hornegger: Zwei Förderphasen lang sind wir mit einem materialwissenschaftlichen Vorhaben unterstützt worden, in dem es um Hochleistungsmaterialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften ging. Das jetzt ausgewählte Projekt schließt an das vorherige an und soll helfen, offene Fragen zu Grenzflächen zu beantworten, an denen zwei Materialklassen zusammenstoßen. Im Fokus stehen also grenzflächenbestimmte, funktionale Materialien. Ziel sind bahnbrechende Innovationen in Prozess- und Energietechnologien.

Um an die Förderung heranzukommen, muss Ihr Projekt einen weiteren Auswahlprozess durchlaufen. Wie beurteilen Sie die Erfolgsaussichten?

Hornegger: Wir fühlen uns noch nicht in Sicherheit, denn rechnerisch stehen unsere Chancen 50:50. Aber zuversichtlich sind wir schon! Schließlich stehen wir in den Materialwissenschaften deutschlandweit auf Platz 3.

Was wird Ihre Uni tun, dass es tatsächlich klappt, als eines der 50 Vorhaben ausgewählt zu werden, die ab Januar 2019 sieben Jahre lang mit jährlich insgesamt 385 Millionen Euro gefördert werden?

Hornegger: Ein Stück weit liegt es in unserer Hand, uns mit dem Projekt durchzusetzen. Dazu müssen wir zunächst die Gutachten zu unserer Skizze auswerten und dann gezielt nacharbeiten.

Nicht landen konnten Sie bei der Jury im Bereich Optik oder der für die gesamte Metropolregion so wichtigen Medizintechnik. Wie wirkt sich das auf diesen Bereich aus?

Hornegger: Zweifelsohne hätte es uns einen enormen Schub gegeben, wenn wir mit unserem Projekt, das im Bereich Medizin und Naturwissenschaften angesiedelt ist, hätten punkten können. Gleichwohl sind wir auch ohne die Exzellenz-Förderung gut aufgestellt, durch Förderungen durch den Bund oder durch das Zentrum für Physik und Medizin mit dem Max-Planck-Institut. Helfen wird uns sicher das engmaschige Netz, das wir zwischen uns und der Industrie in der Medizintechnik aufgebaut haben.

Besonders schmerzhaft dürfte für Ihre Uni sein, dass es erneut nicht mit dem Prädikat Elite-Uni geklappt hat. Gerade für den Titel gibt es eine besonders üppige und vor allem kontinuierliche Förderung. Dafür hätten Sie aber mit mindestens zwei Projekten in die zweite Runde kommen müssen...

Hornegger: Das stimmt. Allein der Titel hätte an zusätzlicher Förderung zehn bis 15 Millionen Euro bedeutet, über die die Uni-Leitung frei verfügen kann. Mit solch einem Polster, über das wir nun nicht verfügen, können Sie ganz anders in Berufungsverfahren gehen oder gezielt in die Infrastruktur investieren.

Wie gelingt es Unis, wie der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) oder auch der Technischen Universität München, bei Wettbewerben wie der Exzellenzstrategie so überaus erfolgreich zu sein? Oder anders gefragt: Was haben LMU und TUM, was die FAU nicht hat?

Hornegger: Die LMU und die TUM wurden nun über zwei Phasen hinweg als Elite-Unis gefördert. Das eröffnet natürlich ganz andere finanzielle Möglichkeiten als wir sie haben. Zudem hilft das Exzellenz-Prädikat, Wissenschaftler und Studenten aus dem In- und Ausland zu gewinnen. Darüber hinaus ist die Stadt München international bekannter als unsere Region, wodurch auch die Münchner Universitäten sichtbarer sind. Allerdings sind wir selbstbewusst genug, um zu wissen, dass auch wir als FAU als Marke gesetzt sind, vor allem mit unseren Schwerpunktbereichen mit ihrem einzigartigen Umfeld. Und: Was zum Beispiel unsere Innovationsstärke anbelangt, sind wir selbst ohne das Elite-Prädikat nicht zurückgefallen, ganz im Gegenteil: Diesbezüglich gelten wir europa- und weltweit nach wie vor als sehr stark.

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