Bahn in der Kritik: Bayern will mehr Pendlerparkplätze

12.12.2017, 05:54 Uhr
Ende 2013 kam der Bahnhof Kinding zum VGN-Gebiet hinzu, was die Verantwortlichen natürlich ausgiebig feierten. Der Parkplatz mit 140 Stellplätzen platzt längst aus allen Nähten.

© Heubusch Ende 2013 kam der Bahnhof Kinding zum VGN-Gebiet hinzu, was die Verantwortlichen natürlich ausgiebig feierten. Der Parkplatz mit 140 Stellplätzen platzt längst aus allen Nähten.

"Die Deutsche Bahn ist der Betreiber und der Profiteur der Zugstrecken. Deshalb muss sie auch die entsprechenden Parkplätze errichten", fordert Cornelia Hesse, beim Bayerischen Gemeindetag für Straßenrecht und Landesplanung zuständig.

Die Deutsche Bahn (DB) dagegen fühlt sich seit der Bahnreform Mitte der 1990er nicht mehr dafür zuständig und sieht die Kommunen in der Pflicht. "Diese erhalten, anders als die Deutsche Bahn, Fördergelder", meint die Bahn-Pressestelle dazu.

Bahn hat nur kostenpflichtige Parkplätze

Die Kommunen erhalten in der Regel 55 Prozent der Kosten vom Freistaat erstattet, den Rest müssen sie selbst bezahlen. "Die Bahn würde aber auch Fördergelder bekommen, da reden sich die Verantwortlichen zu einfach heraus", ist Hesse überzeugt. Schließlich würde auch die Installation von Aufzügen gefördert werden.

Die Deutsche Bahn selbst bietet in Bayern 71 Parkplätze mit rund 5000 Stellplätzen an. Diese sind aber ohne Ausnahme kostenpflichtig. Die Gemeinden dagegen bieten bis auf wenige Ausnahmen kostenlose Parkplätze an Bahnhöfen an. Allein im VGN-Raum sind es 15.340 Stellplätze.

Problematisch ist auch, dass für die Parkplätze oft Bahnflächen benötigt werden. Die DB gibt die Areale meist nur zurückhaltend an Kommunen, von anderen Investoren kann sie mehr Geld erhalten. "Man muss eben einen Kompromiss finden zwischen dem, was die Kommune zahlen will, und dem, was ein Unternehmen zahlen will", meint Klaus-Dieter Josel, DB-Konzernbevollmächtigter für den Freistaat Bayern, im Gespräch mit den Nürnberger Nachrichten.

Heftige Auseinandersetzungen gab es auch beim Bau des Bahnhofes Kinding an der ICE-Neubaustrecke im Altmühltal. "Plötzlich hieß es von Seiten der Bahn, sie habe ja nur planen und nachweisen sollen, dass ein Bahnhof und Parkplätze möglich sind, bauen müssten wir schon selber", erinnert sich Kindings Bürgermeisterin Rita Böhm.

Nach einigem Hin und Her kam ein Schreiben von der DB ProjektBau mit der Mitteilung, dass die Bahn 60 Prozent der Kosten übernehme, 40 Prozent müsse die Kommune tragen. "Das kam überhaupt nicht in Frage", betont Böhm.

Nach hartem Kampf und vielen Schreiben gelang es ihr, die Kosten von der Gemeinde abzuhalten. Nur der Unterhalt der 140 Stellplätze blieb an der Kommune hängen – der besonderen Situation durch die Neubaustrecke sei dank.

Parkplatz platzt aus allen Nähten

Jetzt allerdings ist eine Erweiterung dringend nötig, der Parkplatz platzt aus allen Nähten. Noch einmal 140 Stellplätze hätte Böhm gerne. "Aber jetzt sitzen wir am kürzeren Hebel", bekennt sie. Jetzt gibt es keine Neubaustrecke mehr, jetzt gelten die üblichen Finanzierungsregeln.

Die Bürger der Gemeinde Kinding selbst jedenfalls brauchen den Parkplatz kaum. Die Kommune hat nur 2700 Einwohner, viele davon kommen mit dem Fahrrad oder zu Fuß zum Bahnhof. Stattdessen versammeln sich Dutzende Autos aus den Kreisen Roth, Neumarkt, Eichstätt und sogar Kelheim und Weißenburg-Gunzenhausen am Kindinger Bahnhof.

"In erster Linie wäre die Bahn gefordert. Jeder andere muss Stellplätze nachweisen, wenn er etwas macht, nur die Bahn nicht", empört sich Böhm. Deshalb müsse man künftig nach einem Ausbau wohl Parkgebühren verlangen, um das Defizit auszugleichen, befürchtet Böhm.

Auch die Bahn selbst hat zu der Problematik noch etwas zu sagen. Allerdings verweist Bayerns Bahnchef Klaus-Dieter Josel dabei an eine andere Stelle: "Wir haben beim Freistaat angeregt, das Schnittstellenprogramm wie es früher einmal gab wieder aufleben zu lassen. Das ist dann aber eine Entscheidung des Freistaats."

Freistaat will mehr Geld geben

Dieser bewegt sich nun tatsächlich. Alarmiert durch die hohen Stickstoffoxid-Werte in fünf bayerischen Großräumen, darunter Nürnberg, und drohende Fahrverbote sollen im Einzugsbereich dieser Städte Park & Ride-Plätze verstärkt gefördert werden, über die bisherige Unterstützung von 55 Prozent der Kosten hinaus. Das hat der Freistaat fest zugesichert. Die Kommunen sollen sich deshalb bei den Bezirksregierungen und der Obersten Baubehörde melden.

Wie hoch genau die Förderung ausfällt, wird im Einzelfall entschieden. Es ist aber klar, dass diejenigen Kommunen, die mit ihren Bahnhöfen einen besonders großen Einzugsbereich außerhalb des Gemeindegebiets haben, wie etwa Kinding, eine besonders großzügige Förderung erhalten sollen. Besonders gefördert wird auch das Pilotprojekt "Park & Ride 4.0" an vier Bahnhöfen zwischen Nürnberg und Ansbach.

Verwandte Themen


1 Kommentar