Freihandelsabkommen: Buchhändler in Bamberg besorgt

24.11.2014, 17:24 Uhr
Freihandelsabkommen: Buchhändler in Bamberg besorgt

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Schaufenster sind zum Reinschauen da? Normalerweise schon, aber seit einigen Wochen ist eine Präsentationsfläche der Buchhandlung Collibri mit Plakaten verhüllt, die eine wegweisende Gefahr in diesem weltweiten Branchenfachhandel kritisiert. Dass es irgendwann kommen würde, war klar. Nun ist es soweit: Nach Monaten der Geheimhaltung hat die EU-Kommission nun das Verhandlungsmandat für TTIP offengelegt.

Das Freihandelsabkommen will den Handel zwischen der EU und den USA erleichtern und fördern. Die Buchpreisbindung, welche in Deutschland seit 1888 existiert, gewährleistet, dass Bücher überall das Gleiche kosten. "Themen wie die Buchpreisbindung stehen sicher nicht im Zentrum des Freihandelsabkommens und sind leider gerade deshalb geeignet, am Ende als Verhandlungsmasse unter die Räder zu kommen", befürchtet Thomas Zölch-Buba, Inhaber der Buchhandlung Collibri in Bamberg.

Buchpreisbindung als Handelshemmnis in der Welt?

"Beim TTIP sind die Interessen der weltgrößten Internetkonzerne involviert, die allesamt auch Online-Buchhandelsplattformen betreiben und für die die Buchpreisbindung sehr wohl ein Handelshemmnis auf dem Weg, den europäischen Markt vollständig zu erobern, sein kann. Schlechte einschlägige Erfahrungen mit dem aggressiven Geschäftsgebaren der großen Vier gibt es bereits zur Genüge."

Wenn die Preisbindung fallen sollte, wird es für die lokalen Buchhändler sowie die kleinen Verlage sehr schwierig, gegen preisaggressive Konkurrenz aus dem Internet bestehen zu können. Konkret betrifft diese Befürchtung beispielsweise den Onlineversandhändler Amazon.

Freihandelsabkommen: Buchhändler in Bamberg besorgt

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"Außerdem würde die Vielfalt der Buchveröffentlichungen darunter leiden. Gerade das besondere, ausgefallene, exklusive Buch wird dann eventuell nicht mehr verlegt oder teurer werden. Dieser Punkt gilt natürlich auch für den Verbraucher." Das heißt im Klartext: Bestseller würden zwar möglicherweise günstiger werden, aber alles andere würde im Preis steigen oder gar nicht mehr produziert werden.

Zudem würden die Preise wohl nicht dauerhaft niedrig bleiben: In der Weihnachtszeit oder ähnlichen Höhepunkten im Jahr würden sie rasant ansteigen – vergleichbar mit den wankenden Benzinpreisen in den Sommerferien. Doch es ist auch noch eine ganz andere Berufsschicht von dem Zukunftsabkommen betroffen: die Autoren der Bücher selbst, deren Existenzgrundlage dadurch stark gefährdet würde.

"Buchpreisbindung darf nicht TTIP zum Opfer fallen!"

Der Bamberger Kinderbuchautor Paul Maar erklärt: "Etliche engagierte kleine Verlage, die so mutig sind, auch nicht populären Autoren eine Möglichkeit der Veröffentlichung zu geben, würden eingehen. Nach einem Lyrik-Band würden die Leser dann wahrscheinlich vergeblich suchen. Übrig bliebe der Mainstream, die gängigen Bestseller, die in so großen Auflagen auf den Markt kämen, dass sich ein Billigpreis für die Verlage noch rechnet. Wobei auch dabei Unterbietungskämpfe viele Verlage in Gefahr brächten. Fazit: Die Buchpreisbindung darf nicht dem Freihandelskommen zum Opfer fallen!"

Als hätte die Buchbranche nicht noch an anderen Fronten neue Strategien zu entwerfen: "Natürlich bedenkt man immer wieder, wie man den Wandel der Medienwelt (E-Books, Rückgang der Fachbuchkäufe etc.) so ins eigene Handeln einbezieht, um eine positive Geschäftsentwicklung zu haben", so Thomas Zölch-Buba. In einigen Städten wie München gibt es konkrete Aktionen gegen das Freihandelsabkommen TTIP und die Gefahr des Verlustes der Buchpreisbindung, in Bamberg werden Buchhändler, Verleger oder Leser noch nicht aktiv.

Hintergrund: Buch als Kultur- und Wirtschaftsgut

Feste Ladenpreise für Bücher – ähnlich wie Regelungen im Bereich Arzneimittel – existieren in Deutschland seit 1888. Bücher zählen als Kultur- und Wirtschaftsgut, welche einem besonderen Schutz unterliegen. Ein Buch kostet in Deutschland deshalb  überall dasselbe - gleichgültig, ob es im Internet gekauft wird, in der Buchhandlung um die Ecke, im Kaufhaus oder direkt beim Verlag. Damit unterliegt das einzelne Buch keinem Preiswettbewerb, der die Vielfalt gefährden würde.

Festgesetzt wird der Preis für eine Neuerscheinung vom Verlag, und diejenigen, die Bücher an Endkunden verkaufen, müssen diesen vorgegebenen Preis einhalten. "Besondere Kunden" gibt es dabei nicht, der Preis ist für jeden Kunden derselbe, also auch für Institutionen, Kommunen und Behörden, so der Börsenverein des Deutschen Buchhandels.

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